Russischer Frühling

Sonntag, 8. Februar 2015

Poroschenkos Antwort

Militärisches
Wegen der Evakuierung von Zivilisten aus dem Kessel von Debalcevo von der Öffentlichkeit gab die Ukraine die Antwort auf die Friedenbemühungen. Am Kessel selbst liegen Uglegorsk, Kalinovka und Ikishino unter heftigem Beschuss der ukrainischen Streitkräfte (VSU). Weitere Artillerieangriffe gab es auf Pervomaisk, Stachanov, Donezk und Makeyevka einschließlich einer Vorstadt, Elenovka, Dokuchaevsk, Styla und Telmanovo. Darüber hinaus werden die Ortschaften Troizkoe, Gorlovka, Peski, Marinka und Styla von Panzer- und Infanterieverbänden angegriffen. Zusätzlich hat sich die Anzahl der Aktivitäten ukrainischer Sabotagetrupps erhöht. Die neurussischen Streitkräfte (VSN) wehren die Angriffe ab und greifen ihrerseits nahe Uglegorsk und Chernukhino den Kessel von Debalcevo an.

Humanitäres
Zur Evakuierung von Debalcevo wurde endlich ein gemeinsames Zentrum eingerichtet, das von Beobachtern der OSZE und der russischen Streitkräfte überwacht wird. Zwei weitere Buskonvois verließen die Stadt, einer in Richtung Gorlovka, ein weiterer in Richtung Svetlodarsk, das von der VSU kontrolliert wird. Die VSU begann auch mit der Evakuierung der Zivilisten aus der Ortschaft Chernukhino.

Politisches
Gibt es einen noch größeren Kriegstreiber als John McCain?

Mediales
Die deutschen Leitmedien, deren Vertreter gerade im Presseclub debattieren (oder eher nicht debattieren, sondern weitgehende Einigkeit demonstrieren) sehen natürlich nur einen einzigen Schuldigen am Konflikt: Vladimir Putin.

Tragisches
Die Verluste unter der Zivilbevölkerung und den Kombattanten werden von der Ukraine viel zu niedrig angegeben. Es wird von bisher etwa 50.000 Todesopfern ausgegangen, darunter bis zu 20.000 ukrainische Soldaten, 7.000 Kämpfer der pro-russischen Milizen; die übrigen gehören der Zivilbevölkerung an. Ich habe zwar eine Übersicht über die Verluste der VSU (um 20.000), die eine russische Bloggergruppe akribisch zusammengetragen hat, habe diese aber bisher zurückgehalten.

Samstag, 7. Februar 2015

Böses Omen

Eine ukrainische Werbefläche für die Mobilmachung unmittelbar neben einem Friedhof ...

ukropwerbung

Kessel von Debalcevo

Die Behörden der nicht anerkannten Lugansker Volksrepublik (LVR) bemühen sich um eine Übereinkunft mit der Ukraine zur Evakuierung der umkämpften Ortschaft Chernukhin am Nordostrand des Kessels von Debalcevo. Seitens der Ukraine gab es noch keine positive Antwort.

Die Lage an den Fronten ist im Großen und Ganzen unverändert zum Vortag, auch der Beschuss von Städten und Siedlungen entlang der Kontaktlinie durch die ukrainische Armee (VSU) hält an. Es gab Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung.

Die neurussischen Kräfte (VSN) kämpft an den Ortsrändern von Debalcevo und Chernukhin, kommt aber nur mühsam voran. Bevor die Zivilbevölkerung nicht vollständig evakuiert ist, scheut man den Einsatz schwerer Waffen. Bekannt wurde, dass das Bataillon ›Sparta‹ in den Raum Debalcevo verlegt werden soll. Die Einheit, die unter dem Kommando von Arsenij Pavlov (›Motorola‹) steht, ist spezialisiert auf den Häuserkampf und war maßgeblich an der Zerschlagung der VSU-Truppen im Kessel von Ilovaysk beteiligt.

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Foto - Arsenij Pavlov

Der ›Grüne Korridor‹

Der Stellvertreter des Leiters der Stadtverwaltung von Gorlovka in der nicht anerkannten Donezker Volksrepublik (DVR), Alexander Olipov, war sehr rührig in der Unterbringung von Zivilisten, die aus dem Kessel von Debalcevo evakuiert und in seine Stadt gebracht wurden. Die neuen Mitbewohner kamen in Hotels, Pensionen und Jugendherbergen unter, die derzeit ohnehin keine Feriengäste aufnehmen können.

Vorgesehen war eine von der pro-russischen Seite initiierte Feuerpause bis 18:00 Uhr des 6. Februar 2015. Es gab Zustimmung der ukrainischen Seite für die Öffnung eines sogenannten ›Grünen Korridors‹. Die Evakuierung der Menschen, die sich frei entscheiden konnten, in welchen Kontrollbereich sie gehen wollen, sollte in mehreren Etappen erfolgen. So waren für das Verbringen der Zivilisten in sicherere Gegenden seitens der DVR allein für den Ort Uglegorsk 15 Busse vorgesehen. Daneben gab es viele Privatfahrzeuge. Beobachter der OSZE und Offiziere der Russischen Föderation waren zur Überwachung eingeladen worden.

Nach sechs Tagen Dauerbeschuss durch die ukrainische Armee (VSU) war bereits vorher mit der Räumung der Ortschaft Uglegorsk am Nordwestrand des Kessels von Debalcevo begonnen worden. In einem harten Kampf war der Ort unter die Kontrolle der neurussischen Streitkräfte (VSN) geraten. Einwohner, die nun endlich in Sicherheit sind, berichteten, vor dem Abzug der Ukrainer vor einer Woche wären diese fahnenschwenkend durch die Straßen gezogen und hätten in die Wohnhäuser hinein geschossen. Dann, nach der Übernahme der Ortschaft durch die VSN, hatte der Dauerbeschuss mit Grad-Raketen begonnen. Die Menschen hatten in den Kellern ausharren müssen. Eine junge Frau berichtete unter Tränen, dass man sich sogar unter der Erde nur in Bodennähe fortbewegen konnte.

Endlich begann die Evakuierung der noch verbliebenen Zivilisten. Dramatische Szenen spielten sich ab. Drei alte Frauen verfluchten die Nachkommen des ukrainischen Präsidenten bis in das siebte Glied, eine andere ältere Dame schrie in ihrer Verzweifelung heraus, Poroschenko solle für den Rest seines Lebens so leben müssen, wie sie während der letzten sechs Tage. Ein uraltes Mütterchen flehte die Milizsoldaten an, sie zurück zu lassen und lieber die Kinder zu retten. Natürlich wurde auch diese arme Frau mitgenommen. Sogar Hunde und Katzen.

Gemäß der beiden russischen Journalisten Dmitri Malyshev und Artem Kol eröffneten ukrainische Soldaten oder Freischärler das Feuer auf die Flüchtlingsbusse aus der Ortschaft Chernukhin. »Sie (die Ukrainer) schossen auf die Zivilisten, die das Dorf verlassen wollten, sie schossen auf alles, was sich bewegte«, so Kol. »Ein Mann wurde am Bein verletzt, zum Glück verlor er nur ein wenig Blut.«

Zwei Fotos der Evakuierung von Uglegorsk:

evakuierung uglegorsk 1

evakuierung uglegorsk 2

Hoffentlich haben M&H in Moskau wenigstens gut gespeist.

Freitag, 6. Februar 2015

Die Lage an der Kontaktlinie

Zur Gesamtlage vom 5. Februar 2015 in den acht Schwerpunktbereichen kurz geschildert:

1. Raum Donezk
Erneut gab es auf die Stadt Donezk starkes Feuer der ukrainischen Armee (VSU). Laut Augenzeugen wurden auch Phosphor eingesetzt. Es gab unter der Zivilbevölkerung acht Tote und 33 Verletzte. Die neurussischen Streitkräfte (VSN) versuchen die gegnerische Artillerie bei Avdeyevka niederzukämpfen. Die VSN eroberte die Altstadt von Avdeyevka.

2. Raum Dokuchaevsk
In diesem Bereich gab es Artilleriefeuer aus der Gegend um Volnovakha, das von der VSN erwidert wurde. Ein Munitionslager der VSU wurde getroffen, wobei es mehrere tote Soldaten gab.

3. Raum Mariupol
Während einer lokalen Spezialoperation der VSN wurde eine Versorgungskolonne der ukrainischen Truppen erbeutet. Elf Soldaten liefen zu den Milizen über.

4. Raum Gorlovka
Der Beschuss der Stadt, die derzeit zahlreiche Flüchtlinge aus dem Kessel von Debalcevo aufnimmt, wurde heftiger. Beim Beschuss der Artilleriestellungen der VSU in Avdeyevka durch die VSN wurde eine Polizeistation teilweise zerstört. Auch die ukrainischen Stellungen nahe Dsherschinsk wurde von der VSN unter Feuer genommen.

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5. Raum Debalcevo
Im Kessel von Debalcevo dauerten die Kämpfe an. Die VSN blockiert die Außenbezirke von Debalcevo. Die Ortschaften Kalinovka, Lozove und Uglegorsk sind unter vollständiger Kontrolle der VSN, die nun mit der Erstürmung der Siedlung Chernukhin beginnt. Bei einem Ausbruchversuch verlor die VSU 17 Soldaten. Über die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus dem Kessel wurde bereits berichtet.

6. Raum Popasnaya
Keine Veränderungen, da die Offensive auf Popasnaya zugunsten des Kampfes um Debalcevo ruht.

7. Bakhmutska-Trasse
Die Kämpfe um die Kontrollposten entlang der Trasse halten unverändert an, jedoch mit sehr geringer Intensität.

8. Staniza Luganskaya, Schastye, Slavyanoserbsk
Außer gelegentlichen Schusswechseln gibt es hier keine Besonderheiten.

Verluste
Am gestrigen Tag verlor die VSU einen Panzer und einen Schützenpanzer sowie 31 Soldaten. Die Verluste der VSN umfassen fünf Tote und 21 Verwundete.

Kurzinformationen

Humanitäres
Die neurussische Armee (VSN) hat für Zivilisten den Kessel von Debalcevo geöffnet und einen humanitären Korridor eingerichtet. Für die kommenden Stunden wurde eine Feuerpause vereinbart. Die Zivilisten können sich frei entscheiden, in welchen Zuständigkeitsbereich sie sich begeben möchten. Die Öffnung des Kessels steht in keinem Zusammenhang mit der Initiative Merkels und Hollandes, sondern es handelt sich um eine rein humanitäre Aktion.

Foto Ukrainischer Panzer bei Debalcevo
Aufschrift: Slava Ukraini - Geroyam slava!
slava

Friedensinitiative
Vermutlich wird der Erfolg der Initiative von Merkel und Hollande darüber entscheiden, ob die USA Waffen an die Ukraine liefern. Auf russischer Seite, womit vor allem auch die mehr als 80 Prozent Unterstützer Putins gemeint ist, wäre dies eine nicht hinnehmbare Eskalation des Konflikts. Denn die übergroße Mehrheit der Russen will weniger westlichen Einfluss auf die Ukraine, die als urrussisches Gebiet betracht wird. Sollte es also Waffenlieferungen geben, wächst in der Tat die Gefahr eines großen militärischen Konflikts.

Donnerstag, 5. Februar 2015

Offensive ohne Charme

Die diplomatische Initiative des französischen Präsidenten Hollande und der deutschen Bundeskanzlerin Merkel begann mit einer totalen Übertreibung. Denn Hollande sprach von der Möglichkeit eines »totalen Kriegs« im Osten der Ukraine. Dabei hat man sich einfach nur zu sehr in seine eigenen Legenden verstrickt, besonders hinsichtlich der russischen Beteiligung und des Einsatzes von regulären Truppen der Russischen Föderation oder der Behauptung, die Bevölkerungsmehrheit im Donbass stünde nicht auf der pro-russischen Seite. Eine russische Unterstützung zu leugnen, käme mir nicht in den Sinn, aber sie derart überspitzt darzustellen und die Welt an den Rand eines möglichen, aber unwahrscheinlichen 3. Weltkriegs zu schwätzen, kann nur einer wirren Macht- und Interessenpolitik des US-geführten ›Westens‹ geschuldet sein. Denn zumindest im ›Osten‹ will niemand einen Krieg.

Überhaupt: Nach Bedarf immer mal wieder die Opfer des Krieges politisch zu vereinnahmen wirkt beinahe grotesk, zumal während des sogenannten Waffenstilstands ständig in die aufständischen Städte hinein gefeuert wurde, was zahlreiche Menschen tötete, verstümmelte und verletzte, ohne dass es im ›Westen‹ einen Aufschrei gab. Schuld waren sowieso immer die Russen. Immerhin, eine bekannte Vertreterin des ›Westens‹, Madeleine Albright, fand dermaleinst den Tod von 500.000 irakischen Kindern vertretbar, wenn es um die Verbreitung von westlichen Werten geht. Ganz so viele wurden es zwar nicht, aber nach neuesten Schätzungen kostete der Irakkrieg bis zu 600.000 Todesopfer. Die Nachwirkungen einer fehlgeleiteten Politik, wie der IS-Terror, sind darin nicht mal enthalten. Und plötzlich zählen Opfer?

Der Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung im Donbass hat nicht den erwarteten und gewünschten Effekt gebracht: nämlich ein Umschwenken der Mehrheitsmeinung im Donbass gegen Russland und die pro-russischen Kräfte. Noch immer wendet die Mehrheit der Bevölkerung sich nicht gegen die Milizen, in denen man die eigenen Leute sieht, sondern es wird verlangt, dass Poroschenkos Truppen abziehen. Hier immer wieder Einzelne zu bemühen, die dann vor einer ›westlichen‹ Kamera angeben, pro-ukrainisch zu sein und von zwei Freunden unterstützt zu werden, aber gleichzeitig leise am Rande einzuräumen, dass mindestens zwanzig andere Freunde eine gegenteilige Ansicht vertreten, ist albern und führt zu verzerrten Wahrnehmungen.

Dass nun inmitten eines Krieges nicht täglich Hunderttausende fahnenschwenkend durch den Donbass laufen, ist verständlich und mit dem Rudelverhalten des Menschen begründbar. Während jeder Revolution (oder Konterrevolution) wird stets nur ein Anteil von maximal 20 Prozent einer Bevölkerung persönlich aktiv, meist sogar weit weniger, doch eben dies lässt keinen Schluss auf die Haltung der übrigen Menschen zu. Gerade auch in Deutschland entspricht mittlerweile die veröffentlichte Meinung höchst selten der öffentlichen Meinung.

Was könnte nun am Ende der Initiative stehen? Bislang gab es solche Initiativen immer dann, wenn Europas neuer Freund Poroschenko und seine ›Antiterror-Helden‹ in Bedrängnis gerieten. Zeitlich ist es auch diesmal nicht anders. Die neurussischen Milizen erzielen gerade kleine Erfolge, die ukrainische Armee ruft panisch nach Nato-Waffen. Wieder wird der russische Bär als Schreckgespenst an die Wand gemalt und wieder müssen der ›Westen‹ und die eigentlich arbeitslose Nato die Welt retten. Natürlich ganz uneigennützig.

Was immer Frau Merkel und Herr Hollande im Gepäck haben, kann den Interessen und Forderungen der Mehrheit im Donbass nicht gerecht werden. Hier einige Varianten und Optionen:

a) M&H werden die Beibehaltung der diplomatischen Kontakte zu Russland anstreben, ohne aber ein konkretes Angebot unterbreiten zu können, das allen Beteiligten die Gesichtswahrung ermöglicht. Denn jedes Interesse Russlands und der Donbass-Republiken steht den Wünschen der USA und der EU entgegen. Kern der Gespräche wird »die territoriale Integrität der Ukraine« sein. Die pro-russischen Kräfte lehnen eine Rückkehr in einen gemeinsamen ukrainischen Staat strikt ab.

b) Eine Option wäre das Einfrieren des Konflikts, ähnlich wie in Transnistrien. Dies würde bedeuten, dass der Donbass in einem rechtlosen und unsicheren Status dahinschwebt. Völlig offen bliebe die Zugehörigkeit der Krim. Nur ein Narr wird von der russischen Seite das Aufgeben der Halbinsel erwarten.

c) Der Donbass ist wirtschaftlich gesehen das Filetstück der Ukraine. Hier ballen sich ganze Branchen, wie der Bergbau und die Schwerindustrie. Etwa die Hälfte der Minen befinden sich in den Gebieten, die von den Milizen kontrolliert werden. Da die Fracking-Firmen der USA bereits in den Startlöchern stehen, wird man kaum auf den Donbass verzichten wollen.

d) Die pro-russischen Akteure werden lieber weiterkämpfen, als sich mit den gegenwärtig kontrollierten Gebieten abspeisen zu lassen. Sie bestehen auf die beiden Regionen Donezk und Lugansk in ihren früheren Umrissen. Die Fortsetzung des Kampfes ist für die beiden Republiken weniger riskant als für Poroschenko, der ziemlich erfolglos agiert und den wachsenden Druck der eigenen Bevölkerung zu spüren bekommt - aus mehreren Richtungen. Was können H&M also anbieten? Auf jeden Fall zu wenig.

Wir sehen uns einer Remis-Situation gegenüber. Poroschenko kann nicht einfach den Donbass in die Souveränität entlassen, ohne von seinen faschistischen und ultranationalistischen ›Freunden‹ gestürzt zu werden, kann den Krieg aber auch nicht ewig fortsetzen, ohne die Unterstützung der friedliebenden Ukrainer zu verlieren. Die pro-russische Seite wird sich allerdings nicht unterwerfen. Vermutlich will sie angesichts ihrer taktischen Vorteile und Gebietszuwächse derzeitig nicht einmal über einen Waffenstillstand reden. Denn beim letzten Versuch büßten sie einige Vorteile ein und sahen sich anschließend einer noch größeren Übermacht gegenüber.

Was können Merkel und Hollande also bewirken? Ein wenig mehr als gar nichts, wenn es gut läuft. Vielleicht ist eine kurze Feuerpause drin, um die Toten zu begraben. Die europäische und amerikanische Politik zählt nichts in Donezk und Lugansk. Die Menschen dort haben ihre eigenen Vorstellungen, wohin sie gehören und nach welchen Regeln und Werten sie leben wollen. Daran können ausländische Regierungschefs rein gar nichts ändern. Schon gar keine mit Frau Tymoschenko befreundete Deutsche, die mit der Nato in Richtung Russland droht und generell einen anti-russischen Kurs fährt.

Ich kann mir nicht helfen, aber ich fürchte, manche Regenten bzw. Herrschenden stellen ihre Ansprüche auf globale Führung über die Interessen der eigenen und anderer Völker. So sollen bspw. die Kurden zwar den Terrorismus des IS stoppen, aber wenn es um einen eigenen Kurdenstaat geht, werden sie umgehend enttäuscht. Manchmal frage ich mich, ob das Völkerrecht das Recht eines Staates auf ein Volk ist, oder das Recht eines Volkes auf einen Staat - oder zumindest auf ein unabhängiges, eigenes Verwaltungsgebiet.

Mit diesen Gedanken wünsche ich einen schönen Abend.

Evgenij Ishschenko - ein Nachruf von Eliseo Bertolasi

Evgenij Ishschenko - ein Held unserer Zeit. Wir erinnern uns voll Trauer. Von Eliseo Bertolasi.
Übersetzung Elsa (quick and dirty)

>>Auf dem Gebiet der Volksrepublik Lugansk wurde Evgenij Ishshenko, der Kommandant der Kosakenmiliz und volksnaher Bürgermeister von Pervomaisk ermordet. Seine Leiche wurde am 23. Januar gefunden, möglicherweise aber wurde er bereits am Tag zuvor ermordet. Gemeinsam mit ihm wurde auch drei russische Volantäre getötet, die humanitäre Hilfsgüter an die Bevölkerung der Volksrepublik von Lugansk verteilten. Diese Informationen wurden durch einen offiziellen Vertreter des Innenministerium der Republik Lugansk bestätigt und auf LIFEnews veröffentlicht.

Laut den verfügbaren Informatioen haben Ishchenko und die Volontäre unter dem Feuer einer Aufklärungs- und Sabotagetruppe der ukrainischen Armee den Tod gefunden.
Weil er zu einer programmgemäßen Zusammenkunft mit dem Führer der VR Lugansk, Igor Plotnizki, nicht erschienen war, begann dieser das Schlimmste zu befürchten. Nach einem Tag ohne Nachricht von Ishchenko fand man die vier Leichen in Ishchenkos Auto in der Nähe von Pervomaisk.
Die Stadt Pervomaisk befindet sich in nächster Nähe zur Fronlinie der Region Lugansk. In der Stadt gibt es kein einziges Gebäude mehr, das nicht vom Beschuss der ukrainischen Armee beschädigt worden ist. Nicht zufällig also haben die Einwohner von Pervomaisk ihrer Stadt den Spitznamen "Stalingrad des Donbass" gegeben. Dennoch, und trotz der enormen Zerstörung, hat sich die Stadt, dank ihres Bürgermeister-Kommandanten niemals ergeben (oder auch: aufgegeben - Anm E.) und hat man versucht, weiterzuleben wie bisher.

Ishchenko war 49 Jahre alt, ein ehemaliger Minenarbeiter. Es fehlten ihm noch sechs Monate, dann hätte er in Rente gehen können, aber mit dem Beginn der militärischen Operationen im Donbass hatte er zu den Waffen gegriffen, um sein Land zu verteidigen.

Wir haben uns persönlich gekannt. Mit Bestürzung und Schmerz habe ich von seinem Tod über das Internet von verschiedenen Agenturen erfahren, die diese traurige Nachricht publizierten.
Wir wissen, dass man im Krieg sterben kann, und im Krieg im Donbass ist es sehr leicht zu sterben.
Ich erinnere mich an ihn mit Stolz und Trauer. Wir haben zusammen gegessen, einfache Gerichte, ein paar Stücke Brot mit einem Teller heißem Borschtsch, eine Tasse Tee, und jederzeit war er bereit, hinauszugehen, um sich für tausend Dinge zu engagieren. Mehr als ein Mal hat er mich vor die erste Linie bei den Barrikaden von Pervomaisk begleitet. Ich erinne mich an seine azurblauen Augen und seinen durchdringenden, lebhaften Blick, stets aufmerksam, trotz der Ermüdung durch das anstregende Leben an der Front und die Last von so viel Verantwortung in einer Stadt, seiner Stadt, einer bombardierten, zerstörten Stadt, eine Halbwüste, seit Monaten unter der Belagerung von seiten der ukrainischen Armee. Aber Evgenij war unermüdlich, immer an vorderster Front, nicht nur als der tapfere kosakische Kommandant, der die Verteidigung seiner Stadt plante und durchführte, sondern auch als Bürgermeister, um all die zivilen Herausforderungen zu meistern: den Menschen nach den Attacken zu helfen, die Reparatur der Wasser- und Stromleitungen zu organisieren, Suppenküchen zu eröffnen, Hilfsgüter zu verteilen, die aus Russland ankamen und so lebensnotwendig waren, um die Zivilbevölkerung, die in der Stadt verblieben war, am Leben zu erhalten.

Anna Khokhlova, die Leiterin des kosakischen Informationszentrums von Sverdlovsk sagt über ihn: "Für die verbliebenen 20.000 Einwohner von Pervomaisk war Evgenij wie ein Familienvater."
Im Juli, als die Kämpfe in der Region ihren Höhepunkt hatte, wurde ihm ein Sohn geboren. Unter dem Beschuss brachte er seine Frau ins Krankenhaus, danach in Sicherheit nach Russland, danach kehrte er unverzüglich nach Pervomaisk zurück.
In Italien spricht man häufig von "Helden", der Terminus nutzt sich langsam ab, für gewöhnlich spricht man davon vor den Särgen der Soldaten, die für den "Export unserer Demokratie" gestorben sind, oder wenn es zu Auseinandersetzungen unter Hooligans kam. (gemeint sind wohl Ordnungskräfte, die dabei zu Tode kamen(?) - Anm. Elsa)
Doch, wie man sagt, schafft sich jedes Volk Helden nach seinem eigenen Bild. Ich, dagegen, spreche davon mit Trauer um einen Freund, einen außergewöhnlichen Menschen, den ich die Ehre hatte, in meinem Leben treffen zu dürfen.
Ein Mann, der alles zurückließ, um seine eigene Identität, sein Vaterland und sein geliebtes Volk bis zum eigenen Tod zu verteidigen:
"Shenja, ruhe in Frieden in dieser Erde, die du verteidigt und so geliebt hast, dass du sein Leben für sie gabst."

Пусть земля будет пухом! (Pust’ zemlja budet pukhom!) [Möge dir die Erde leicht sein!]
<<

Italienische Originalversion hier.

Novorossia - Optionen

Nach dem Sturz der Regierung Janukowitsch und den daraus resultierenden Unabhängigkeitsbestrebungen im Südosten und Osten der Ukraine gab es zuerst nur unkoordinierte lokale Aktivitäten der pro-russischen Kräfte. Erst im Verlauf des Konflikts formten sich mehrere Visionen eines separaten Staates Novorossia. Diese sind:

1
Der maximale Anspruch der pro-russischen Aktivisten umfasst die Regionen des historischen Neurusslands und deren Anrainer mit überwiegend russischer Kultur und Sozialisierung - mit Ausnahme der Krim. Diese Regionen sind Odessa, Nikolaev, Cherson, Zaporoshye, Dnepropetrovsk, Donezk, Lugansk und Charkov.

a3

2
Eine schlankere Möglichkeit ist ein Novorossia mit der mehrheitlich verwendeten Verkehrssprache Russisch. Dies sind die Regionen Odessa, Zaporoshye, Donezk, Lugansk und Charkov.

a2

3
Die Minimalansprüche der pro-russischen Aktivisten beziehen sich auf die Bezirke der früheren Oblasts Donezk und Lugansk.

a1

Für die pro-russischen Aktivisten - und übrigens auch für die Bevölkerungsmehrheit in den Kampfgebieten - undiskutabel ist hingegen eine bloße Autonomie innerhalb der von den pro-russischen Milizen kontrollierten Gebiete. Besonders der Verbleib im ukrainischen Staat wird rigoros abgelehnt.

Dabei setzt man nicht auf Krieg, sondern auf die Willensbekundung der Menschen in den einzelnen Regionen. Auf Mehrheitsentscheidungen im Rahmen eines Referendums. Es geht nicht um ein Vorrücken der neurussischen Streitkräfte und die militärische Schaffung von Realitäten. Auch die momentanen Offensiven dienen vorrangig dem Zweck der Vertreibung der ukrainischen Kräfte aus dem Umfeld der ohnehin leidenden Städte, in denen neben der ursprünglichen Bevölkerung auch zahlreiche Flüchtlinge und Evakuierte aus dem Umland leben.

Man muss endlich mal eines einsehen: Nicht die pro-russischen Milizen haben Kiew bombardiert, sondern die ukrainische Armee Donezk, Lugansk und andere Orte. Den Sturz Janukowitschs zu bejubeln und die ausbleibende Anerkennung Poroschenkos zu beklagen, bezeugt ein absolut fehlendes Verständnis für die Mehrheit der Menschen im Donbass. Wie man auf diese Weise den Konflikt zu lösen beabsichtigt, ist mir schleierhaft.

Zur gegenwärtigen Lage

Attackierte Städte und Ortschaften
Der Beschuss von Städten und Ortschaften entlang der Kontaktlinie hält unvermindert an. In den vergangenen 24 Stunden wurden beschossen (von Nordosten nach Südwesten): Lugansk, Scholtoe, Stachanov, Gorlovka, Donezk und Makeyevka, Elenovka, Dokuchaevsk, Styla und Telmanovo. Unter der Zivilbevölkerung gab es Tote und Verletzte.

Kessel von Debalcevo
Der Kessel blieb auch in den zurückliegenden Stunden geschlossen. Die Verbindung zwischen Svetlodarsk und Debalcevo ist weiterhin unterbrochen. Die ukrainischen Kräfte (VSU) kontrollieren nur noch drei kleine Zonen im Kessel. In der Fläche sind die Einheiten der neurussischen Kräfte (VSN) dominierend. Gegenangriffe der VSU wurden abgewehrt. Der VSU wurde erlaubt, in den von der VSN kontrollierten Gebiete ihre Toten zu bergen.

kessel

Anmerkung - Die dunkelroten Pfeile wurden von mir nachträglich eingefügt und stellen die meinerseits erwartete künftige Stoßrichtung der VSN dar.

Erweiterte Karte (Link)
Darstellung der aktuellen Kontaktlinie, der früheren Frontverläufe und der Gebiete, in denen Aufklärungseinheiten und Sabotagetrupps operieren.
http://voicesevas.cdnvideo.ru/img/5f9ecbbe625a38a85b79ef90c689e88f.png

Evgeniy Ishchenko (Link)
Ein Nachruf auf Italienisch!
http://comunicati.russia.it/evgenij-ichshenko-eroe-del-nostro-tempo-ricordiamo-con-dolore.html
Übersetzung ins Deutsche von Elsa
HERZLICHEN DANK!
http://sirko.twoday.net/stories/evgenij-ishschenko-ein-nachruf-von-eliseo-bertolasi/

In Vorbereitung
1. Welche Ergebnisse könnte die Initiative Merkels und Hollandes bringen?
2. Welcher Umfang eines möglichen Staates Novorossia ist seitens der pro-russischen Aktivisten angedacht?

1. Maulender Autor
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