Akte Bundeswehr

Samstag, 28. Januar 2017

Bienen und Blüten

Eigentlich hatte ich die Absicht, das Thema Bundeswehr den übrigen 23 deutschsprachigen außen- und sicherheitspolitischen Bloggern zu überlassen, zumal mir die Streitkräfte diverser anderer Staaten sowieso ein größeres Interesse abringen. Aus gegebenen Anlässen unterbreche ich mein diesbezügliches Schweigen.

Beginnen wir mit einer Idee des Bundeswehrverbands, also der Interessenvertretung der deutschen Soldaten, zur Ausbildung ungedienter Menschen zum Reservisten binnen 20 Tagen, die auch die Unterweisung an der Schusswaffe einschließt. Übrigens dauert auch die Vorbereitung auf die Sachkundeprüfung im privaten Sicherheitsgewerbe exakt 20 Tage. Allerdings ohne Waffenunterweisung (zusätzlich 20 Tage).

Sicher, die Aussetzung (nicht Abschaffung) der Wehrpflicht in Deutschland bei gleichzeitig steigendem Bedarf an Soldaten für Auslandseinsätze hat für Personalengpässe gesorgt. Doch diese sind kaum mit 20-Tage-Reservisten zu kompensieren. Welche Aufgaben diesen Reservisten überhaupt zugedacht werden sollen, bleibt offen. Mir fiele nur ein: Marschieren und Salutieren.

Im Gegensatz zu den meisten meiner konservativen Freunde und Bekannten trat ich von Anfang an freimütig für die Ausseztzung der Wehrpflicht ein. Aus meiner Sicht hatte die Entscheidung über Einberufung oder nicht sich zu einem Akt der Willkür entwickelt. Denn nur ein kleiner Teil der Wehrpflichtigen leistete jemals Dienst in der Truppe. Wer also weder Zivildienst leistete oder zur Bundeswehr einberufen wurde, kam ungeschoren davon. Zuletzt war dies die Mehrheit der Dienstpflichtigen. Und warum sollte ausgerechnet der Soldatenberuf nicht professionalisiert werden?

Gut, dass es beim Bund weniger Bewerber geben würde, war mir damals schon klar. Und dass man somit auch notfalls auf weniger geeignete junge Menschen zurückgreifen muss, ebenso. Doch was die Umschreibung weniger geeignet letztlich beinhalten kann, zeigt das nächste Thema auf.

Ein Skandal in der Kaserne Pfullendorf erschüttert die Truppe. Von erniedrigenden Methoden ist die Rede, von abscheulichen Ausbildungspraktiken, bizarren Gewaltriualen und sexuell-sadistischen Handlungen. So haben Mannschaftsdienstgrade männlichen und weiblichen Rekruten Tampons in eine Körperöffnung geschoben, in die sie nicht hineingehören. Einige der Beteiligten wurden bereits entlassen.

Was will man dazu sagen? Nun, das Bundesverteidigungsministerium wollte ohnehin Lehrgänge zur sexuellen Vielfalt abhalten. In diesem Zusammenhang könnte man auch die Sache mit den Bienen und Blüten abhandeln. Vielleicht rechnen manche Mitmenschen in Uniform sexuelle Abartigkeiten auch zur Vielfalt? Sex, Macht, Tampons, Bundeswehr – das neue Motto der Truppe?

Wen würde es noch wundern? Wehrpolitisch drehen sich die Debatten gefühlt hauptsächlich um Kindertagesstätten, Schützenpanzer für Schwangere, Emanzipation und Frauenquote, mehr Generalinnen ... Man kann sich schon jetzt auf weitere Ideen freuen - und auf Skandale vorbereiten. Militärischen Sachverstand sollte man hingegen kaum mehr erwarten. Im Grunde haben die Ministerin und viele ihrer Untergebenen sich gegenseitig verdient. Schade um die anderen.

Kürzlich stolperte ich über eine Umfrage, ob wegen US-Präsident Trump Deutschland eine größere Rolle in der Welt übernehmen sollte. Die meisten Teilnehmer waren dagegen. Ich auch. Denn, so dachte ich, schlimmer als der erhobene Zeigefinger des spießig-deutschen Oberlehrers ist der erhobene Gewehrlauf des sadistisch-deutschen Korporals.

Donnerstag, 19. Januar 2017

Gut drei Jahre früher

Ich gehöre gewiss nicht zu den Menschen, die in Suchmaschinen nach sich selbst suchen. Doch beim Versuch, einen meiner eigenen Beiträge schnell wiederzufinden, ohne mir die Augen zu verbiegen, habe ich es eben dann doch getan. Dabei stieß ich u.a. auf folgenden Link der Helmut-Schmidt-Universität, also der Hamburger Bundeswehrhochschule:

https://www.hsu-hh.de/download-1.5.1.php?brick_id=edS05ArT8eiF5zjf

In einer Übersicht über deutsche außen- und sicherheitspolitische Blogs vom 14.10.2013 fand ich zu meinem Erstaunen auch mein Blog «Steppensturm» aufgeführt. Das empfinde ich dann doch als - sogar freudige - Überraschung. Und dabei musste ich mich früher so oft beschimpfen lassen, weil ich ja angeblich von rein gar nix den Hauch einer Ahnung hätte. Leute, schafft es doch erst mal selbst auf eine Hochschulliste :-D

Freitag, 20. Februar 2015

Bundeswehr atmet auf

Endlich ist die dringend benötigte Alternativbewaffnung eingetroffen:

bund

Dienstag, 17. Februar 2015

Die Welt möge erzittern!

Die deutsche Speerspitze Besenstielspitze zieht ins Manöver:

http://www.swr.de/report/17/-/id=233454/nid=233454/did=14853656/5dmg4e/index.html

Ohne weitere Worte!

Freitag, 6. Februar 2015

Ist ja irre!

Jetzt wird es lustig: Die Bundeswehr bremst mit ihren eigenen Vorschriften die Modernisierung. Denn die Auslieferung von 1.000 Schützenpanzern ›Puma‹ verzögert sich. Weil die derzeitige Ausstattung nicht für hochschwangere Frauen geeignet ist. Entschuldigung, liebe Bundeswehr, was hat bitte eine hochschwangere Frau in einem Schützenpanzer zu suchen? Und liebe Hersteller, denkt an die Kinderwagenauffahrrampe KWAR 482, den einklappbaren Wickeltisch EWT 2000, den taktischen Windelauswerfer TWA-XL, die Notfallentbindungsstation NoFEBiSt 92.3 ... Man weiß ja nie, welche Narreteien da noch kommen werden.

Den ganzen Tag schwafelt man vom Krieg und dann setzt man die armen Hochschwangeren in einen Schützenpanzer?! Wirklich, Uschi, mir graut vor Dir!

Freitag, 17. Oktober 2014

Operation ›Broken Wing‹

Dass Deutschland keine richtige Armee hat, wurde auf diesem Blog hinlänglich erläutert. Dennoch muss den Deutschen nicht bange sein. Schließlich gibt es zwei geheime Wunderwaffen: Frau Merkels Blick in Anwesenheit Putins und Frau von der Leyen mit ihrer militärischen Unbedarftheit.

Deutschland will - so kündigte die Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt (IBoK) vollmundig an - gemeinsam mit Frankreich die Einhaltung des Waffenstillstands im Donbass überwachen. Mittels Drohnen. Die lächerliche Drohung der Milizen, sie würden Luftraumverletzungen durch militärisches Fluggerät nicht hinnehmen, schreckt sie nicht ab.

Dennoch: Die Milizen müssen deutsche Aufklärungsdrohnen gar nicht abschießen. Die fallen nämlich bei minus 19 Grad Celsius wegen Vereisung ganz allein vom Himmel. Diese Temperatur ist während der Winter im ukrainisch-russischen Grenzgebiet eher die Regel als die Ausnahme, und außerdem ist es in Höhen zwischen 3.000 und 5.000 Metern ohnehin noch merklich kälter als am Boden.

Deutschlands größter Feind wird zunehmend Deutschland selbst - mit seiner Selbstüberschätzung, die von den Verantwortlichen einfach nicht wahrgenommen wird, mit seinen Ankündigungen, die selten durchführbar sind, und mit seinen Drohgebärden, die niemand mehr ernstnehmen kann. Da hilft auch kein ›böser Blick‹.

Dienstag, 14. Oktober 2014

Unsere Bundeswehr und ihre Probleme (4)

Die deutsche Luftwaffe verfügt seit einigen Tagen über ein Transportflugzeug, das mit einer Quarantänekabine ausgestattet ist. Diese Maschine soll notfalls Ebola-Patienten aus den Seuchengebieten ausfliegen. Vermutlich kann man dieser Einrichtung sogar trauen, denn in speziellen Fragen ist Deutschland wirklich fortschrittlich. Im Allgemeinen eher nicht. Es bleibt zu befürchten, dass das Flugzeug den Dienst verweigert und einfach nicht abhebt, sobald es gebraucht wird.

Das Ausrüstungsdebakel der deutschen Bundeswehr zeigt ein generelles Defizit auf: dass es nämlich zwischen Sylt und Zugspitze in mancherlei Beziehung mehr Schein als Sein gibt. Die Mehrzahl der Großprojekte erweist sich als Milliardengrab und Dauerbaustelle, auf Schultoiletten überfällt einen Brechreiz, Provinzbahnhöfe wirken wie nachkriegszeitliche Ruinen. Es scheint bisweilen, als würde das Eigentum des Bundes, der Länder und der Kommunen sich in Richtung ›Verwahrlosung‹ bewegen. Wie sollte die Bundeswehr da eine Ausnahme machen?

Tadellos in Schuss sind - neben öffentlichen Prestigeobjekten - hingegen Einrichtungen mit wirtschaftlichem und zivilgesellschaftlichem Engagement. Nun könnte man die sprudelnden Steuereinnahmen instrumentalisieren, aber die wären gar nicht mehr so hoch, wenn man sie ins Verhältnis von Bruttosozialprodukt und Staatsquote bringt. Und die Privatisierung der Landesverteidigung geht schon mal gar nicht. Wie kann man also dem materiellen Verfall der Bundeswehr entgegenwirken, ohne die Bevölkerung noch stärker zur Kasse zu bitten?

Wie auch immer. Der derzeitige Zustand der Bundeswehr und das gleichzeitige Gerede von mehr internationalem Engagement erinnert mich an einen zu Unrecht euphorischen Menschen, der mit einer Schreckschusspistole auf einen Schwerbewaffneten feuert und davon ausgeht, dass Letzterer den Beschuss ohne Gegenreaktion hinnimmt. Es ist interessant, wenn Abgeordnete der Grünen plötzlich den Einsatz von deutschen Bodentruppen im Irak und in Syrien fordern, aber es handelt sich bei diesem Verlangen eher um eine realitätsferne Verkennung des Machbaren.

Nun gut. Suchen wir nach Lösungen. Kurzfristig ist kaum etwas zu machen. Rüstungsprojekte erfordern viel Zeit und sind kostenintensiv. Einen Jagdbomber oder Kampfhubschrauber kann man nicht mal schnell bei ›amazon‹ bestellen. Und bevor überhaupt Material geordert wird, muss zuerst eine grobe Vorstellung herbei, wie die Bundeswehr der Zukunft aussehen soll. Denn über die Ausrüstung kann nicht der Markt bestimmen, sondern das Verteidigungs- und Sicherheitskonzept. Nur daran kann sich der Bedarf orientieren.

Leider gibt es kein solches Konzept. Jedenfalls kein schlüssiges. Die Bundeswehr soll gleichzeitig der Landesverteidigung und der Krisenbewältigung dienen, aber in beiden Bereichen klemmt es. Zur Zeit ist es der Bundeswehr schlicht unmöglich, die im Rahmen der NATO vertraglich vereinbarten Kontingente bereitzustellen. Die Verteidigung Deutschlands liegt quasi in den Händen anderer Staaten. Besonders vertrauenserweckend ist dies nicht.

Was ist also zu tun? Oder was könnte getan werden? Ich biete einfach mal als Lösungsmöglichkeit fünf aus dem Stehgreif formulierte Grundgedanken an:

1. Erarbeitung einer Militärdoktrin und eines Verteidigungs- und Sicherheitskonzepts in Abstimmung mit den Partnerstaaten. Spezialisierungen einzelner Bündnispartner sind zwar möglich, doch es muss zur Orientierung einen generellen ›Masterplan‹ geben. In der Summe müssen alle Eventualitäten materiell und personell abgedeckt sein.

2. Ausrichtung der Strukturierung der Bundeswehr entsprechend der o.g. Richtlinien, inklusive der Ermittlung und Planung des konkreten Bedarfs an Waffensystemen und Ausrüstungen, die eine Umsetzung der Konzepte überhaupt zulässt.

3. Erstellung eines detaillierten Rüstungs- und Beschaffungsplans sowie eines Finanzkonzeptes bei gleichzeitiger Straffung und Bündelung des Material- und Beschaffungswesens der Bundeswehr. Dabei ist die mögliche Kooperation mit anderen Staaten nicht außer Acht zu lassen. Man muss nicht auf jedem Boden Staub saugen, sondern multinational Kapazitäten, Kräfte und Mittel bündeln.

4. Umsetzung der Ausstattungskonzepte im Rahmen eines Zeitplans. Entsprechend möglicher Veränderungen der weltweiten Lage oder anderen, neuen Bedrohungsszenarien muss zeitnah reagiert werden können.

5. Überdenken des Personalkonzepts. Eine global agierende Armee kann nicht personell aufsaugen, was Wirtschaft und Verwaltung übrig lassen, sondern muss aus militärischen Spezialisten bestehen. Der ›Mensch guten Willens‹ hat auf dem modernen Schlachtfeld keinen Platz. Auch sollte endlich eine militärische Spitzenbehörde in Form eines Generalstabs gebildet werden.

Ein letzter Punkt: Der Gedanke von einer Streitmacht als ›modernes Unternehmen‹ mit Betriebskindertagesstätte und Laienspieltheatergruppe ist zwar sexy, aber praktisch kaum haltbar. Eine Armee ist kein Unternehmen. Der Umbau zu einer schlagkräftigen Truppe, die mit den Streitkräften anderer moderner Staaten mithalten kann, kann nicht nach rein betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen.

Der Soldat ist kein herkömmlicher Angestellter, sondern übt einen ›Beruf besonderer Art‹ aus, für den eine gewisse Eignung und Haltung erforderlich ist. Dementsprechend muss man für Bewerber Anreize jenseits von Teilzeitstellen, Babybetreuung und Leselampen schaffen. Denn wie sollte eine solche Truppe gegen eine Terrorarmee wie den ›Islamischen Staat‹ bestehen?

Mit dieser Frage, die sich jede Leserin und jeder Leser gern selbst beantworten mag, beende ich die Reihe ›Unsere Bundeswehr und ihre Probleme‹ vorerst.

Montag, 13. Oktober 2014

Unsere Bundeswehr und ihre Probleme (3)

Deutschland ist wirtschaftlich stark und leistungsfähig. Das Land gehört in diesem Bereich weltweit zur Spitze. Und deutsche Sportlerinnen und Sportler sind häufig auf Siegertreppchen zu finden. Doch außenpolitisch und militärisch stellt sich die Situation völlig anders dar. Unter den Staaten Europas sind noch immer Frankreich und Großbritannien die globalen Akteure. Deutschland spielt hierbei eher die Rolle eines ›Kastenteufels‹, der auf Knopfdruck aus der Versenkung auftaucht und den ›Erschrecker‹ spielen will. Anders ausgedrückt: Deutschlands globalpolitisches und militärisches Engagement ist die Position des Mitläufers ohne eigene nationale Interessen. Wenig verwunderlich ist hierbei die mehr und mehr um sich greifende Wertung Deutschlands als bloßer US-Vasall.

Für Bundeskanzlerin Merkel bleibt europaweit die Rolle der Haushaltsaufseherin und international der Part der Sprecherin des Weißen Hauses. Sie ist Wirtschaftspolitikerin durch und durch - was sich letztlich auf die deutschen Streitkräfte auswirkt. Der militärische Bereich liegt der Kanzlerin nicht am Herzen, woraus in einem gewissen Umfang auch die Stiefkindrolle der Bundeswehr resultiert. Überhaupt kümmert sich das Parlament wenig um seine Parlamentsarmee. Dies überträgt sich natürlich auf die Bevölkerung, denn die Bundeswehr ist keine Volksarmee. Der ›Staatsbürger in Uniform‹, der in keiner größeren, global agierenden Armee Beachtung fand, ist eher ein Hemmnis für die Truppe, denn mit diesem System ist die Zivilisierung des Militärs verbunden. Die Landesverteidigung konkurriert also mit allen möglichen zivilen Befindlichkeiten und genießt bspw. gegenüber der Homo-Ehe oder den ›Wodkasteuererhebungsgrundlagenregeln‹ keinerlei Priorität.

Die Ausrüstungsmisere, die jetzt überall für Hohn und Spott sorgt, hat sich bereits vor langer Zeit angekündigt. Beachtung fanden entsprechende Hinweise indes nicht. Schon um die Jahrtausendwende gab es eine Meldung, nach der jedes zweite ›Schießgerät‹ (alles von Pistole bis Panzerhaubitze) defekt sei. Ob sich dieser Zustand heute besser oder schlechter darstellt, weiß man nicht. Bedenken und Befürchtungen, dass die Militärtechnik nicht besonders effektiv ist, gibt es viele.

Jedenfalls gibt es seit dem Fall des Eisernen Vorhangs keine nennenswerte Erneuerung der deutschen Militär- und Sicherheitsdoktrin. Bezüglich der Landesverteidigung ging man nach 1990 von einem ewigen Frieden aus, zumindest in Europa, der globale Dschihad als Bedrohung spielt erst seit 9/11 eine Rolle, bei multinationalen Militäreinsätzen bewegt sich Deutschland am liebsten in den relativ sicheren Gegenden.

Letzteres änderte sich erst mit dem Einsatz in Afghanistan. Dass es die Taliban heute noch in gewohnter Stärke und Gefährlichkeit gibt, ist nicht zuletzt den deutschen Bemühungen zu verdanken, die - wie stets - anfangs sehr zivil waren. Als die USA und andere die Taliban im Süden und Osten Afghanistans einkesselten, wich die Miliz nach Norden aus. Dort baute die Bundeswehr gerade Schulen. Wegen mangelnder Erfahrungen der deutschen Militärführung blieb so der Kessel offen und die nahezu unbedarfte und kaum für solche Eventualitäten ausgerüstete Bundeswehr war urplötzlich mit wilden ›Glaubenskämpfern‹ konfrontiert - womit man einfach nicht gerechnet hatte.

Nun stellte man diverse Ausrüstungsmängel fest, die besonders leichte gepanzerte Geländefahrzeuge und Hubschrauber betrafen. Und nun musste man sich schnell an die unverhofft eingetretene, veränderte Lage anpassen. Für den Afghanistan-Einsatz wurde sodann bevorzugt notwendige Ausstattung angeschafft. Dies ist natürlich ein logischer und richtiger Schritt, der aber auch einen gewaltigen Makel aufwies: Viele andere wichtige Projekte wurden zugunsten des Afghanistan-Einsatzes zurückgestellt. Das gesamte Material- und Beschaffungswesen fixierte sich auf einen einzigen Einsatz.

Mittendrin begann der deutsche Sparwahn. Zwei Minister waren besonders eifrig in ihren vollmundigen Ankündigungen: der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg und die damalige Arbeitsministerin von der Leyen. Guttenberg baute auch mal rasch sein Ministerium um. Eingespart wurde zwar nichts und niemand, aber mit der Loslösung einiger Abteilungen aus dem Ministerium und der Zusammenfassung im neuen Bundeswehramt wurden bewährte, eng zusammenarbeitende Strukturen auseinandergerissen und durcheinandergewirbelt. Auch das Beschaffungs- und Materialwesen. Heute ist das Bundesverteidigungsministerium ähnlich wirr gegliedert wie das EU-Außenkommissariat, für dessen Organigrammlektüre ein Fachberater notwendig ist.

Neben allem Übel kam es dann auch noch zum Drohnendebakel. Anstatt sich Gedanken über die Einsatzgrundlagen zu machen, brach eine Ethikdebatte aus, die sich mehrheitlich gegen eine bessere Ausstattung der Bundeswehr positionierte, da »Krieg sowieso doof« ist. Seit Jahrzehnten wird nicht mehr erneuert und modernisiert, sondern diskutiert - ohne Ergebnis. Vieles liegt auf Eis und bleibt wohl dort auch liegen.

Die Rüstungsindustrie nutzte die Gelegenheit und übertölpelte in den Verträgen den Bund. Keine Regressmöglichkeiten, keine Strafen bei Lieferungsverzögerung. Nichts. Entweder gibt es im Verteidigungsministerium zu wenige oder zu viele Juristen. Oder mit der neuen Organisation hat es die Rechtsexperten in alle Winde verstreut.

Nun haben wir den Salat. Die Bundeswehrausstattung ist in vielen Teilen schrottreif. Zumindest nicht einsatzfähig, um es milder auszudrücken. Angesichts des riesigen Säbels mit abgebrochener Spitze und stumpfer Klinge hört sich Merkels Rasseln in Richtung Kreml irgendwie total bescheuert an. Eigentlich könnte die Kanzlerin nur sagen: »Hör mal, Wladimir Wladimirowitsch, ich rufe gleich meinen großen Bruder!«

Am letzten Sonntag amüsierte sich ein türkischer Journalist der ›HÜRRIYET‹ (ausgerechnet!) bei einer Kobani-Diskussion im Presseklub über Deutschlands ›Kampfkraft‹. »Wo sind denn die deutschen Panzer? Deutschland kann ja nicht mal ein paar Waffen von Leipzig nach Erbil bringen!« Prima, stimmt sogar!

Genug für heute. Es wird mir langsam peinlich. Allein tröstlich ist der Umstand, dass die Misere nicht von den Soldaten verursacht wurde, sondern von Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Und da sind wir wieder am Anfang meines Beitrags: Militärisch ist Deutschland kein ›global player‹, sondern ein ›Trossbubenverein‹.

Beitrag 4 zum Thema wird dann auf die noch offenen Fragen eingehen. Aber nicht heute.

Mittwoch, 8. Oktober 2014

Unsere Bundeswehr und ihre Probleme (2)

Bleiben wir zunächst bei der Organisation der Bundeswehr und vergleichen die jeweiligen Mannstärken in den Teilstreitkräften (Heer, Luftwaffe, Marine) der deutschen und französischen Streitkräfte. Betrachten wir darüber hinaus, was es an zusätzlichen Organisationsbereichen gibt.

Deutschland - 182.700 Soldaten
Heer: 61.500 Soldaten
Luftwaffe: 29.600 Soldaten
Marine: 15.900 Soldaten
Streitkräftebasis: 43.600 Soldaten
Zentraler Sanitätsdienst: 19.700 Soldaten

Frankreich - 227.000 Soldaten
Heer: 112.000 Soldaten
Luftwaffe: 60.700 Soldaten
Marine: 43.600 Soldaten
Marineinfanterie: 12.000 Soldaten
Marineflieger: 6.800 Soldaten

Man beachte: Der Zentrale Sanitätsdienst der Bundeswehr umfasst mehr Personal als die gesamte deutsche Marine. Kein Wunder, dass für internationale Einsätze neben Lufttransportkapazitäten vorrangig Sanitätsdienste angeboten werden. Beides ist wegen der Überbelastung allerdings derzeit am Rand des Machbaren.

Die Transportmaschinen sind beinahe im Dauereinsatz, zusätzliche Verpflichtungen werden mit ausländischen Maschinen gewährleistet. So wurden die ersten Hilfslieferungen in den Nordirak mit russischen Transportern ausgeliefert. Ein Treppenwitz, dass besonders die Deutschen oft und gern den Russen ein schrottreifes Militärwesen unterstellen, wobei man geflissentlich übersieht, dass Russland um das Jahr 2020 über die modernste und schlagkräftigste Armee in Europa und Asien verfügen wird (eines der weiteren Probleme der deutschen Streitkräfte sind ein gewisser Größenwahn nebst eklatanten Fehleinschätzungen).

Beinahe lächerlich liest sich da angesichts der Ausrüstungsmängel gerade bei Fluggeräten das Vorhandensein eines Weltraumlagezentrums der Luftwaffe. Im Organigramm der Luftwaffe findet sich übrigens unmittelbar neben dem Inspekteur der Leitende Truppenpsychologe; beim Heer ist es gar der/die Gleichstellungsbeauftragte. Einverstanden, auch Psychologen und Beauftragte sind nicht unwichtig, aber es scheint, als würden damit gewisse Prioritäten gesetzt. Bestimmt gibt es auch demnächst den Leitenden Kindererzieher und den Teilzeitstellenbeauftragten.

Die Personalpolitik blieb hingegen nicht unkritisiert - die Kritik fand indes keine Beachtung. Das Forum der Marineoffiziere beispielsweise beklagte die Umwandlung der Bundeswehr in einen Gender-Mainstream-Spielplatz. Im Rahmen einer vor der Öffentlichkeit weitestgehend verborgenen Debatte prallten angesichts des tragischen Todes eines weiblichen Seekadetten auf dem Segelschulschiff ›Gorch Fock‹ zwei wesentliche Ansichten aufeinander. Kurz geschildert:

Die Theoretiker in Politik und Personalwesen: »Wie kann ein Schiffskommandant eine sichtlich wenig geeignete Offizieranwärterin in die Wanten schicken?«

Die Praktiker: »Wie kann man eine sichtlich wenig geeignete Offizieranwärterin überhaupt auf ein Kriegsschiff schicken?«

Aus Pietätgründen möchte ich dieses Thema nicht weiter ausführen, sondern mich im nächsten Beitrag zum Zustandekommen des Ausrüstungsmangels äußern.

Übrigens sollen in den nächsten Jahrhunderten Jahren rund 229 Millionen Gewehrpatronen aus älteren, teils überlagerten Beständen EINZELN auf Brauchbarkeit überprüft werden. Da bleibt wohl wirklich nur ein Gute-Nacht-Gruß.

Montag, 6. Oktober 2014

Unsere Bundeswehr und ihre Probleme (1)

Im letzten ZDF-Politbarometer vertraten 55 Prozent der Befragten die Ansicht, es wird in Deutschland genügend für die Abwehr von Terroranschlägen getan, während 28 Prozent die Maßnahmen als unzureichend betrachten. Weitere 17 Prozent können es nicht einschätzen. Kein Problem mit der letzteren Gruppe. Aber woher wissen die übrigen 83 Prozent, ob der Schutz vor Terroranschlägen ausreichend oder mangelhaft ist? Ich für meine Person könnte es nicht beurteilen. Weil ich es einfach nicht weiß. Woher auch? Ich bin schließlich nicht der Bundesinnenminister oder der Präsident des BND bzw. des BKA.

Ebenso verhält es sich mit der Bundeswehr. In einer Zeit der Debatten über die zukünftige Ausrichtung der deutschen Streitkräfte wissen einige Menschen sehr genau, welche Art von Ausrüstung fehlt und welche verzichtbar ist. Oder ob und womit man nachrüsten muss. Doch bevor jemand irgendwelche Aussagen hinsichtlich der Ausstattung der Zukunft tätigen kann, muss zuvor die Politik den ›Masterplan‹ vorlegen und die wichtigste Frage schlechthin beantworten: Soll die Bundeswehr künftig eine Landesverteidigungsarmee oder eine Einsatzarmee sein? Oder beides? Falls ja, in welchem Proporz?

Um es klarzustellen: Die Bundeswehr ist aus eigener Kraft und ohne Verbündete zur Verteidigung des Landes überhaupt nicht in der Lage. Ein Beispiel: Das Heer verfügt über ganze drei Divisionen. Zwei davon sind konventionelle gepanzerte Divisionen, die dritte eignet sich für internationale Einsätze. Die beiden erstgenannten Divisionen könnten im Verteidigungsfall zusammen eine Frontbreite von dreißig bis vierzig Kilometer abdecken. Griffen vier Divisionen in bewährter Zangentaktik an, wäre die Sache schnell erledigt. Damit dies nicht geschieht ist die Bundeswehr in das Gesamtverteidigungskonzept der NATO integriert, für die sie detailliert festgelegte Kontingente bereitzuhalten hat.

Derzeit mangelt es an besonders an Fluggeräten, um die Bündnispflicht zu erfüllen. Die mutmaßlich schrottreifen Flugzeuge und Hubschrauber können allerdings nicht von heute auf morgen ersetzt werden, denn große Rüstungsprojekte erfordern viel Zeit, die eine Beschaffung von Kleinwaffen nicht bedarf. Und hier stellt sich erneut die Frage, ob sich die Investitionen überhaupt lohnen, wenn man milliardenschwer nachrüstet, um dann festzustellen, dass die teure Ausrüstung nicht mehr zum Zukunftskonzept passt.

Das Problem liegt an anderer Stelle. Marode Ausrüstungen gehören heute zum Inventar JEDER europäischen Armee. Die Bundeswehr hat weitere Sorgen - besonders jenseits von Leselampen und Flachbildschirmen. Da ist die Organisationsstruktur. Zu wenige Kampfverbände, zu viele Stabs-, Unterstützungs- und Logistikeinheiten. Einige Eckdaten zu diesem Verhältnis:

Deutschland: 1 zu 35
Großbritannien: 1 zu 11
Frankreich: 1 zu 9

Fazit: Frankreichs Streitmacht verfügt über die vierfache Schlagkraft der Bundeswehr (Atommacht ist Frankreich außerdem). Was würden also tausend neue Panzer nützen, wenn die Personalstruktur eher Nachschubsoldaten bereithält? Und die erkennbare Tendenz hinsichtlich der Personalpolitik entfernt sich immer weiter weg vom individuell einsetzbaren Kämpfer und hin zu ›Moppels und Mädels‹. Wenn es hart auf hart kommt, bringt da die beste Ausrüstung nichts.

Daneben stellt sich die Frage nach der Motivation der Soldaten. Der wesentliche Grund für den Militärdienst ist nach wie vor der Gedanke der Landesverteidigung und weniger der Wunsch nach einer Beteiligung an Militäreinsätzen am anderen Ende der Welt. Dank der Aussetzung der Wehrpflicht werden die Dienstzeiten der Zeitsoldaten zunehmend länger, wobei gleichzeitig wenig Stellen für Berufssoldaten verfügbar sind, wodurch der einzelne Soldat im Verlauf seiner Dienstzeit eine Familie gründet und deshalb gar nicht mehr ›abenteuerlustig‹ genug ist, um an gefährlichen Auslandseinsätzen teilzunehmen. Man hat einfach zu viel zu verlieren.

Okay, genug für heute. Zwar könnte ich jetzt noch eine ganze Weile weiterschreiben und noch mehr Probleme auflisten, aber für heute reicht es. Es gibt ja noch andere Tage. Außerdem mag ich Fortsetzungsgeschichten ;-)

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