Montag, 13. Oktober 2014

Unsere Bundeswehr und ihre Probleme (3)

Deutschland ist wirtschaftlich stark und leistungsfähig. Das Land gehört in diesem Bereich weltweit zur Spitze. Und deutsche Sportlerinnen und Sportler sind häufig auf Siegertreppchen zu finden. Doch außenpolitisch und militärisch stellt sich die Situation völlig anders dar. Unter den Staaten Europas sind noch immer Frankreich und Großbritannien die globalen Akteure. Deutschland spielt hierbei eher die Rolle eines ›Kastenteufels‹, der auf Knopfdruck aus der Versenkung auftaucht und den ›Erschrecker‹ spielen will. Anders ausgedrückt: Deutschlands globalpolitisches und militärisches Engagement ist die Position des Mitläufers ohne eigene nationale Interessen. Wenig verwunderlich ist hierbei die mehr und mehr um sich greifende Wertung Deutschlands als bloßer US-Vasall.

Für Bundeskanzlerin Merkel bleibt europaweit die Rolle der Haushaltsaufseherin und international der Part der Sprecherin des Weißen Hauses. Sie ist Wirtschaftspolitikerin durch und durch - was sich letztlich auf die deutschen Streitkräfte auswirkt. Der militärische Bereich liegt der Kanzlerin nicht am Herzen, woraus in einem gewissen Umfang auch die Stiefkindrolle der Bundeswehr resultiert. Überhaupt kümmert sich das Parlament wenig um seine Parlamentsarmee. Dies überträgt sich natürlich auf die Bevölkerung, denn die Bundeswehr ist keine Volksarmee. Der ›Staatsbürger in Uniform‹, der in keiner größeren, global agierenden Armee Beachtung fand, ist eher ein Hemmnis für die Truppe, denn mit diesem System ist die Zivilisierung des Militärs verbunden. Die Landesverteidigung konkurriert also mit allen möglichen zivilen Befindlichkeiten und genießt bspw. gegenüber der Homo-Ehe oder den ›Wodkasteuererhebungsgrundlagenregeln‹ keinerlei Priorität.

Die Ausrüstungsmisere, die jetzt überall für Hohn und Spott sorgt, hat sich bereits vor langer Zeit angekündigt. Beachtung fanden entsprechende Hinweise indes nicht. Schon um die Jahrtausendwende gab es eine Meldung, nach der jedes zweite ›Schießgerät‹ (alles von Pistole bis Panzerhaubitze) defekt sei. Ob sich dieser Zustand heute besser oder schlechter darstellt, weiß man nicht. Bedenken und Befürchtungen, dass die Militärtechnik nicht besonders effektiv ist, gibt es viele.

Jedenfalls gibt es seit dem Fall des Eisernen Vorhangs keine nennenswerte Erneuerung der deutschen Militär- und Sicherheitsdoktrin. Bezüglich der Landesverteidigung ging man nach 1990 von einem ewigen Frieden aus, zumindest in Europa, der globale Dschihad als Bedrohung spielt erst seit 9/11 eine Rolle, bei multinationalen Militäreinsätzen bewegt sich Deutschland am liebsten in den relativ sicheren Gegenden.

Letzteres änderte sich erst mit dem Einsatz in Afghanistan. Dass es die Taliban heute noch in gewohnter Stärke und Gefährlichkeit gibt, ist nicht zuletzt den deutschen Bemühungen zu verdanken, die - wie stets - anfangs sehr zivil waren. Als die USA und andere die Taliban im Süden und Osten Afghanistans einkesselten, wich die Miliz nach Norden aus. Dort baute die Bundeswehr gerade Schulen. Wegen mangelnder Erfahrungen der deutschen Militärführung blieb so der Kessel offen und die nahezu unbedarfte und kaum für solche Eventualitäten ausgerüstete Bundeswehr war urplötzlich mit wilden ›Glaubenskämpfern‹ konfrontiert - womit man einfach nicht gerechnet hatte.

Nun stellte man diverse Ausrüstungsmängel fest, die besonders leichte gepanzerte Geländefahrzeuge und Hubschrauber betrafen. Und nun musste man sich schnell an die unverhofft eingetretene, veränderte Lage anpassen. Für den Afghanistan-Einsatz wurde sodann bevorzugt notwendige Ausstattung angeschafft. Dies ist natürlich ein logischer und richtiger Schritt, der aber auch einen gewaltigen Makel aufwies: Viele andere wichtige Projekte wurden zugunsten des Afghanistan-Einsatzes zurückgestellt. Das gesamte Material- und Beschaffungswesen fixierte sich auf einen einzigen Einsatz.

Mittendrin begann der deutsche Sparwahn. Zwei Minister waren besonders eifrig in ihren vollmundigen Ankündigungen: der damalige Verteidigungsminister zu Guttenberg und die damalige Arbeitsministerin von der Leyen. Guttenberg baute auch mal rasch sein Ministerium um. Eingespart wurde zwar nichts und niemand, aber mit der Loslösung einiger Abteilungen aus dem Ministerium und der Zusammenfassung im neuen Bundeswehramt wurden bewährte, eng zusammenarbeitende Strukturen auseinandergerissen und durcheinandergewirbelt. Auch das Beschaffungs- und Materialwesen. Heute ist das Bundesverteidigungsministerium ähnlich wirr gegliedert wie das EU-Außenkommissariat, für dessen Organigrammlektüre ein Fachberater notwendig ist.

Neben allem Übel kam es dann auch noch zum Drohnendebakel. Anstatt sich Gedanken über die Einsatzgrundlagen zu machen, brach eine Ethikdebatte aus, die sich mehrheitlich gegen eine bessere Ausstattung der Bundeswehr positionierte, da »Krieg sowieso doof« ist. Seit Jahrzehnten wird nicht mehr erneuert und modernisiert, sondern diskutiert - ohne Ergebnis. Vieles liegt auf Eis und bleibt wohl dort auch liegen.

Die Rüstungsindustrie nutzte die Gelegenheit und übertölpelte in den Verträgen den Bund. Keine Regressmöglichkeiten, keine Strafen bei Lieferungsverzögerung. Nichts. Entweder gibt es im Verteidigungsministerium zu wenige oder zu viele Juristen. Oder mit der neuen Organisation hat es die Rechtsexperten in alle Winde verstreut.

Nun haben wir den Salat. Die Bundeswehrausstattung ist in vielen Teilen schrottreif. Zumindest nicht einsatzfähig, um es milder auszudrücken. Angesichts des riesigen Säbels mit abgebrochener Spitze und stumpfer Klinge hört sich Merkels Rasseln in Richtung Kreml irgendwie total bescheuert an. Eigentlich könnte die Kanzlerin nur sagen: »Hör mal, Wladimir Wladimirowitsch, ich rufe gleich meinen großen Bruder!«

Am letzten Sonntag amüsierte sich ein türkischer Journalist der ›HÜRRIYET‹ (ausgerechnet!) bei einer Kobani-Diskussion im Presseklub über Deutschlands ›Kampfkraft‹. »Wo sind denn die deutschen Panzer? Deutschland kann ja nicht mal ein paar Waffen von Leipzig nach Erbil bringen!« Prima, stimmt sogar!

Genug für heute. Es wird mir langsam peinlich. Allein tröstlich ist der Umstand, dass die Misere nicht von den Soldaten verursacht wurde, sondern von Politik, Verwaltung und Wirtschaft. Und da sind wir wieder am Anfang meines Beitrags: Militärisch ist Deutschland kein ›global player‹, sondern ein ›Trossbubenverein‹.

Beitrag 4 zum Thema wird dann auf die noch offenen Fragen eingehen. Aber nicht heute.

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