Montag, 10. November 2014

Die Kanzlerin der USA

Jüngst stellte Bundespräsident Joachim Gauck öffentlich die Frage, ob die Partei Die Linke aufgrund ihrer Vergangenheit 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung zur Führung einer Landesregierung in der Lage wäre. Man kann da unterschiedlicher Auffassung sein, und sicherlich gibt es einige nachvollziehbare Gründe, die dagegen sprechen. Mich treibt momentan allerdings die Suche nach der Antwort auf eine andere Frage um, die in gewisser Weise ähnlich ist: War die Bundesrepublik Deutschland vor neun Jahren schon bereit für eine Kanzlerin aus dem Osten?

Ohne Angela Merkel, die freilich ihre Verdienste hat, zu nahe treten zu wollen, sehe ich bei ihr eine kurzsichtige, nahezu anbiedernde Politik gegenüber der US-Administration, die unter den bisherigen deutschen Bundeskanzlern nicht ihresgleichen fand. Gleichzeitig verschlechterte sich spürbar das Verhältnis zum Kreml.

Erinnern wir uns an einige Männerfreundschaften: Kohl und Gorbatschow, Schröder und Putin. Diese persönlichen Beziehungen garantierten immer wieder ein einigermaßen entspanntes Verhältnis zu Russland. Deutsche waren sogar richtig beliebt im östlichen Riesenreich. Man war dort gern gesehen. Trotz der gewaltigen Verluste an Menschen während des 2. Weltkriegs verspürten die allermeisten Russen gegenüber uns Deutschen keinen Hass mehr. Heute stehen wir auf Platz 3 der Unbeliebtheitsskala.

Kein Wunder. Wenn bspw. Sanktionen gegen Russland ins Gespräch gebracht werden, prescht entweder Deutschland vor und die USA ziehen nach, oder es ist genau umgekehrt. Aus den anderen westlichen Staaten Europas hört man entschieden weniger Feldgeschrei. Das Bundeskanzleramt wirkt zunehmend wie eine Filiale des Weißen Hauses. Der frühere US-Außenminister Kissinger brachte es jüngst auf den Punkt: »Deutschland hat die Führungsrolle in Europa und muss mehr Verantwortung übernehmen.« Verantwortung nach US-amerikanischer Lesart bedeutet meist Militäreinsatz.

Immerhin klingen die Töne der »Politiker der alten Schule«, zu denen ich vor allem Hans-Dietrich Genscher zähle, eher deeskalierend, weitaus leiser und versöhnlicher. Sie zeigen wenigstens ein Stück weit Verständnis für die Befindlichkeiten der Russen - was von Angela Merkel nicht zu erwarten ist. Bei mir ist längst der Eindruck entstanden, die Kanzlerin möchte westlicher sein als der Westen, amerikanischer sein als die Amerikaner - letzterer »Russophobie« inbegriffen. Dabei stört es nicht, dass Europa unter den Sanktionen und Gegensanktionen weitaus größeren Schaden erleidet als die USA, die kaum Geschäftsverbindungen nach Russland unterhalten. Um Obama zu gefallen, muss selbst das sonst beinahe heilige Europa bluten.

Jedenfalls hat nunmehr Großbritannien die Rolle des Russlandvermittlers übernommen und Deutschland diesbezüglich abgelöst. Wieder ein Schritt tiefer hinein in das transatlantische Bündnis, nur dass dieses heute im Sinn der Neuen Weltordnung und der globalisierten Kasino-Wirtschaft eine eher selektierende als integrierende Wirkmacht entfaltet. Unter Helmut Kohl und Gerhard Schröder hat es das so nicht gegeben. Da war noch so etwas wie eine eigenständige deutsche Außenpolitik zu erkennen gewesen. Heute nicht mehr.

Die Kurzserie

KORREKT BIS ZUR UNVERNUNFT
noch mal in einer Übersicht zusammengefasst:

Unvernunft 1
Unvernunft 2
Unvernunft 3

Neues aus Nigeria

Dass in den Medien immer nur Platz für einen Konflikt ist, zeigt die Situation in Nigeria. Heute gab es erneut einen Anschlag auf eine Schule mit um die 50 Todesopfern. Nach langer Zeit wird mal wieder über Nigeria berichtet. Zuvor waren die Zustände in diesem Land durch andere Konflikte verdrängt worden. Denn in den vergangenen Monaten gab es keine Ruhe, sondern immer wieder Anschläge und Morde, die entführten Mädchen wurden nicht freigelassen, wie angekündigt wurde, und neben dem IS-Kalifat in Syrien und im Irak gibt es schon seit Wochen ein Boko-Haram-Kalifat in Nigeria. All das waren in der letzten Zeit nur Randnotizen.

Wo übrigens die zur Unterstützung nach Nigeria geschickten Spezialkräfte aus den USA und Frankreich sich aufhalten, ist leider nicht bekannt. Vielleicht hat die Seuche »Ebola« sie in die Flucht geschlagen. Aber man sieht eben erneut die Eingeschränktheit der Nachrichtenberichterstattung. Bahnstreik, Mauerpartys und bärtige »Frauen« übertünchen die wirklichen Probleme des Globus - in blutroter Farbe!

1. Maulender Autor
2. Kasinogespräche
3. Zeitgeschehen
4. Nazis gegen rechts
Akte Bundeswehr
Akte Unsinn
Akte Weltordnung
Elsa fragt den Soldaten
Russischer Frühling
Sirkos Staniza
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren