Akte Weltordnung

Dienstag, 6. Oktober 2015

Der Sultan und die EU

Unbestritten, neben dem Libanon und Jordanien trägt die Türkei die größte Last bei der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung syrischer Flüchtlinge. Diese Lasten können kaum ohne die Unterstützung von anderen Staaten getragen werden. Doch die sultanesken Forderungen des türkischen Staatspräsidenten für die Kooperation seines Landes mit der Europäischen Union dringen tief in das ‹Eingemachte› der europäischen Werte ein.

Worin bestehen sie?

- Zuerst dürfte es Forderungen nach mehr EU-Geldern geben. Die bisherige Unterstützung der EU für die Türkei kommt dort nicht gut an. Besonders erbost ist man in Ankara über den Vorschlag der Errichtung von EU-Flüchtlingszentren auf türkischem Boden. Die Türkei will allerdings nur Geld, das sie unkontrolliert verwenden kann. Und es darf nicht aus den allgemeinen Fördertöpfen für das eurasische Land kommen.

- Die Türkei wird darüber hinaus die Visum-Freiheit für Türken in die Staaten der EU fordern. Zusätzlich soll die EU die Türkei als sicheres Drittland einstufen. Hierbei muss man beachten, dass 20 Prozent der in Deutschland von türkischen Kurden gestellten Asylanträge positiv beschieden werden. Auch andere EU-Staaten nehmen kurdische Asylbewerber auf. Personen aus sicheren Drittstaaten haben aber de jure keinerlei Anspruch auf Prüfung eines Asylantrags. Die EU soll also ihre eigenen Werte zu Ungunsten der Kurden verwerfen.

- Daneben verlangt die Türkei jede Einstellung der EU-Unterstützung für die Kurden, auch für die Kämpfer gegen das Terrorkalifat IS. Aus Erdogans Sicht unterstützt die EU damit ohnehin «Terrorismus und Separatismus».

- Erwartet wird ebenso die Unterstützung der EU bei der Errichtung von Pufferzonen im syrischen Landesinneren durch die türkischen Streitkräfte. Längst strebt die Türkei die Kontrolle über das geschundene Syrien und die Führungsrolle innerhalb des sunnitischen Islam an. Die Teilnahme am Kampf gegen den IS ist da nur vorgeschoben. Bisher wurden häufiger die Kurden als der IS bombardiert. In den Pufferzonen, so der türkische Plan, sollen in Syrien von der EU finanzierte und der Türkei verwaltete Containerstädte entstehen: drei mit je 100.000 Bewohnern. Durch das russische Eingreifen in Syrien ist dieser Plan aber derzeit nicht umsetzbar.

Das einzige Gegenangebot: Die Türkei schließt ihre Grenzen nach Griechenland und führt gemeinsame Grenzkontrollen zu Lande und zur See mit griechischen Sicherheitskräften durch.

Vor nicht allzu langer Zeit sagte der türkische Ministerpräsident Davutoglu, die Türkei müsse wieder werden, was sie früher war. Doch was war sie früher? Das Osmanische Reich. Und der türkische Staatspräsident Erdogan sieht jeden Muslim in Europa im Dienst der islamischen Sache. Doch was ist die islamische Sache? Die Verwirklichung von Kalifat und Umma.

Nun denn, jetzt kann die Europäische Union beweisen, was ihr ihre unveräußerlichen Werte tatsächlich bedeuten. Die einzige Frage ist sehr simpel: Nimmt die EU weiterhin die unkontrollierbare und unabwägbare Zuwanderung von Millionen Menschen hin, oder kriecht man vor dem ottomanischen Neo-Sultan zu Kreuze?

Wir werden sehen.

Montag, 5. Oktober 2015

Barack und Medved

Aus der beliebten Reihe Barack und Medved heute:

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(Der Titel ist eine Anspielung auf die russische Zeichentrickserie Masha und Medved, die auch im deutschen Kinderfernsehen läuft.)

Deutsche Verbündete

Ohne Worte:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-polizisten-sollen-leiche-eines-kurden-geschaendet-haben-a-1056208.html

Das besagte Foto:

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Schlimmer als der IS? Kurdische PKK-Kämpferinnen:

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Wo ist die FSA?

Die Karte zeigt die russischen Luftschläge in Syrien mit dem Stand vom 1. Oktober 2015. Zwei Zielgebiete werden von der Armee des Terrorkalifats IS kontrolliert (grün umkreist), vier von anderen Gruppen (blau umkreist). Beim Abgleich mit anderen Karten, auf denen detailliert die einzelnen Akteure und die von ihnen kontrollierten Gebiete dargestellt werden, gehören die von der russischen Luftwaffe attackierten (blauen) Zonen zum Operationsgebiet des Al-Qaida-Ablegers Al-Nusra-Front. Diese Terrorbande ist nur kleiner als der IS, nicht aber weniger brutal.

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Heute hat das russische Außenministerium bei den USA angefragt, wo die Stellungen der Freien Syrischen Armee (FSA), die zumeist als ‹moderate Opposition› bezeichnet wird, sich genau befinden. Gemäß der russischen Einschätzung wird die Stärke der FSA als stark überhöht wiedergegeben, um damit zu verschleiern, dass die ‹radikale Opposition› (u.a. besagte Al-Nusra-Front) wesentlich stärker ist als die säkularen Gruppierungen.

Wenn man bedenkt, dass die USA mit einer von der CIA ausgebildeten und ausgerüsteten Truppe von ganzen 60 Mann gegen den IS vorgehen wollten, ist die russische Einschätzung nebst Anfrage zumindest berechtigt. Und dass dieses Kommando von der Al-Nusra-Front komplett zerschlagen wurde, bevor es mit dem IS überhaupt in Berührung kam, gibt mir ebenfalls zu denken.

Freitag, 2. Oktober 2015

Das Wirken der Heuchler

Eigentlich poste ich Bilder wie dieses nur gegen starken inneren Protest. Doch manchmal ist es unumgänglich. Veröffentlich wurde das Foto zum ersten Mal am 25. September 2015 im Kurznachrichtendienst twitter. Es zeigt ein kleines Mädchen, das mutmaßlich von einer Rakete der syrischen Regierungstruppen verwundet wurde. Soweit der linke Teil.

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Am 30. September, kurze Zeit nach dem ERSTEN Luftangriff der russischen Luftwaffe auf Stellungen der Aufständischen nahe Homs, wurde dieses Foto erneut gepostet. Doch diesmal war das arme Mädchen plötzlich von russischen Bomben verletzt worden.

Soviel zu solchen ‹Nachrichten›. Nun nutzen natürlich die westlichen ‹Staats-Trolle› solche und ähnliche Fotos für ihre ideologischen Ergüsse gegen Russland. Deutschland, die USA und andere westliche Länder haben auch umgehend eine gemeinsame Erklärung verfasst, die Russland anprangert, bei ihren Angriffen auch Zivilisten getötet und verletzt zu haben.

Ausgerechnet die USA! Die Zahl der zivilen Opfer der US-Militäreinsätze wird mit mindestens 500.000, wahrscheinlicher mit einer Million angegeben. Allein im Irak starben lt. neuerer Angaben bis zu 600.000 Zivilisten. Und vergessen wir nicht den deutschen Oberst Brigadegeneral Klein, dessen militärischer Dilettantismus während einer einzigen Aktion mehr Schaden angerichtet hat als die russischen Luftschläge in Syrien.

Was für eine Heuchelei!

Mittwoch, 30. September 2015

Regeln der Kriegführung

Die momentane russische Strategie in Syrien zielt meines Erachtens darauf ab, den ‹Islamischen Staat› mit Bodentruppen anzugreifen, die von der syrischen Regierungsarmee gestellt werden und von der russischen Luftwaffe unterstützt werden. Dazu bedarf es eines sicheren rückwärtigen Gebietes und günstiger Nachschubwege in der West-Ost-Ausrichtung.

Der Kessel zwischen Homs und Hama (grüne Fläche im Zentrum des Kartenausschnitts), in dem sich Kämpfer der Freien Syrischen Armee, der Al-Nusra-Front und der dschihadistischen Gruppen ‹Islamische Front› und ‹Faylac al-Scham› befinden, behindert die geplanten Operationen gegen den IS im Osten (dunkelgraue Fläche).

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Kartenausschnitt - Region Homs und Hama

Die Regierungstruppen, die derzeit die Erweiterung des Kessels unterbinden müssen, werden für die Offensive gegen die IS-Verbände im Westen, die ein Vordringen in das Hinterland der Terrorarmee verhindern, dringend benötigt. Also wird versucht, den Kessel zu beseitigen.

Nun kann man natürlich - wie gestern bei ‹Maischberger› der bündnisgrüne Chefpolemiker Schulz - jede Zusammenarbeit mit Assad als moralisch verwerflich betrachten, nur ist es erst heute, ganz plötzlich, allein Russlands Problem. Wer sich sonst so mit wem traf - zwei Beispiele:

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1. US-Senator McCain mit ‹IS-Kalif Ibrahim› (2.v.l.)

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2. US-Außenminister Kerry mit Baschar al-Assad

Am Ende muss jeder Beteiligte sich einmal selbst fragen: Will ich Frieden bringen oder Recht haben? Militärisch gesehen kann der IS allein mit Luftangriffen nicht besiegt werden. Wozu diese Leute fähig sind, dass sie immer wieder für üble Attacken gut sind, zeigen dieser Tage die Taliban in Kundus.

Russland bringt gerade mehrere Beteiligte und Unterstützer an einem Tisch zusammen: Syriens Regierung, den Irak und Iran, die syrischen Kurden. Dies sind wohl auch die einzigen Kräfte, die dem Terrorkalifat am Boden etwas entgegenzusetzen haben. Die US-geführte ‹Luftkoalition› hat nach eigenen Angaben bisher nur bewirkt, dass um die 10.000 Getötete durch 10.000 neue Kämpfer ersetzt wurden. Russlands Intervention kann möglicherweise den Durchbruch erzwingen.

Luftwaffe der RF: Einsatz in Syrien

Die beiden Kammern des russischen Parlaments - Staatsduma und Föderationsrat - haben den Präsidenten der Russischen Föderation (RF) zu Militäreinsätzen im Ausland ermächtigt, berichtet Sergey Ivanov, Leiter der russischen Präsidialverwaltung. Diese Einsätze beziehen sich auf Syrien, dessen Staatspräsident al-Assad in Moskau um Militärhilfe gegen die Terrorarmee ‹Islamischer Staat› (IS) ersucht hat.

In den vergangenen Wochen hatte die Russische Föderation ihre syrischen Stützpunkte in Tartus und Latakia mit Truppen und Gerät verstärkt. In der letztgenannten Basis stehen derzeit drei Luftwaffenstaffeln mit insgesamt rund dreißig Flugzeugen vom Typ Suchoi Su-25 und Suchoi Su-27 bereit. Beide Typen sind sogenannte Erdkampf-Unterstützungsflugzeuge, zwar veraltert, aber in Konflikten wie dem syrischen allemal effektiv genug.

Der hauptsächliche Einsatz von Erdkampfunterstützern lässt auf eine Luftunterstützung für Bodentruppen schließen. Bei diesen kann es sich nur um Assads Regierungstruppen handeln.

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Archivfoto - Suchoi Su-25

PS - Der erste Angriff der russischen Luftwaffe hat soeben stattgefunden. Es wurden Stellungen von aufständischen Islamisten im Raum Homs attackiert, aber auch Depots des IS.

Montag, 28. September 2015

Taliban erobern Kundus

Innerhalb nur eines Tages hat die radikal-islamische afghanische Taliban-Miliz die Provinzhauptstadt Kundus im Norden erobert. Nur der außerhalb der Stadt gelegene Flughafen befindet sich noch unter Kontrolle der afghanischen Regierungstruppen.

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Foto - Taliban mit erbeutetem Humvee

In Kundus waren bis 2013 deutsche Bundeswehrsoldaten stationiert, die auch für die Ausbildung der regionalen afghanischen Sicherheitskräfte zuständig waren.

Samstag, 26. September 2015

Panzer für Al-Nusra

Im letzten Beitrag schrieb ich u.a. folgendes:

«Jede an die FSA (Anm.: Freie Syrische Armee) gelieferte Waffe kann auch in die Hände islamistischer Extremisten geraten.»

Die Haus- und Hofexperten westlicher Regierungen hätten dieser meiner Aussage bestimmt widersprochen, zumal sie häufig Positionen vertreten, die klar ideologisch beeinflusst sind. Doch eine dem politischen Mainstream nicht genehme Meinung muss nicht zwangsläufig falsch sein - oder gar eine Verschwörungstheorie.

Denn heute nun gab es eine Hiobsbotschaft, die meine Aussage stützt und das - auch für Syrien irgendwie zuständige - US-Zentralkommando immerhin als «beunruhigende Nachricht» bezeichnete:

Die FSA übergab der radikal-islamischen Terrorgruppe Jabhat-Al-Nusra, die dem Netzwerk der Al-Qaida angehört, sechs Panzerfahrzeuge einschließlich Munition - als eine Art Wegezoll. Die Fahrzeuge waren der FSA von den USA für den Kampf gegen den IS übergeben worden.

Beunruhigend? Wirklich nur beunruhigend?

Dienstag, 22. September 2015

Die Situation in Syrien

Syrien ist derzeit in aller Munde. Doch es ist weniger die Situation in Syrien selbst, über die berichtet wird, sondern man redet mehr oder weniger sachlich über den Umgang mit den aktuell nach Europa strömenden Flüchtlingszügen. Über den Konflikt selbst liest und hört man hingegen wenig, und falls doch etwas verlautbart wird, klingt es nach einseitiger ideologischer Betrachtung. Da ist der finstere Tyrann Assad, der sogenannte Fassbomben auf die eigene Bevölkerung wirft, da ist der Terrorstaat IS, der sich immer tiefer ins syrische Landesinnere frisst, und da sind die guten Rebellen, die sich tapfer gegen die Übergriffe der Bösen zur Wehr setzen. Doch das ist, wie gesagt, sehr einseitig und von westlichen geopolitischen Wahrnehmungen geprägt. Betrachten wir die einzelnen Akteuren und deren Ziele näher:

Die Kurden
Nach wie vor kämpfen die syrischen Kurden für einen eigenen Staat, zumindest für ein autonomes Gebiet im Norden Syriens. Wie die türkische PKK sind auch die syrischen Kurden eher sozialistisch orientiert, im Gegensatz zu den irakischen Kurden, die eher als konservativ und traditionell gelten. Dennoch gibt es im Kampf um die Souveränität eine wechselseitige Unterstützung, die sich besonders im Kampf um die nordsyrische Grenzstadt Kobani gezeigt hat. Auch die Freie Syrische Armee unterstützte zeitweilig die Kurdenmiliz PYG. Denn fallen die Kurdengebiete, fällt auch der halbwegs sichere Rückzugsraum der säkularen syrischen Rebellen im Nordabschnitt.
Die Kurdengebiete werden besonders vom Terrorkalifat IS bedroht. Dahinter steckt eiskaltes Kalkül, denn die syrischen Kurden stehen mit dem Rücken zur Wand und haben kaum Verbündete. Sie sind eingekeilt zwischen der ihnen feindlich gesinnten Türkei und dem offen feindseligen IS-Kalifat.
Die Kurden haben keine Ambitionen, die über die Erlangung der Souveränität ihrer Siedlungsgebiete hinausgehen. Sie bieten Flüchtlingen aus anderen syrischen Regionen Zuflucht, insbesondere auch den christlichen, jesidischen, drusischen und anderen Minderheiten. Da sie nicht pro-westlich sind, erfahren die syrischen Kurden kaum Unterstützung aus dem Westen, im Gegensatz zu den nordirakischen Peschmerga.

Die Freie Syrische Armee
Die Freie Syrische Armee (FSA) ist zwar grundsätzlich säkular, aber durchdrungen von Islamisten und Dschihadisten. Bei der Vertreibung der christlichen Minderheit in der Stadt Homs tat sich bspw. besonders die FSA-Brigade «Faruq» hervor. Es gibt zwar einen Oberkommandierenden und einen Generalstab der FSA, aber die eigentliche Macht und Verantwortung liegt bei den Kommandeuren vor Ort.
Betrachtet man die aktuelle Lagekarte (siehe weiter unten), stellt man fest, dass nur wenige Gebiete in Syrien von der FSA allein kontrolliert werden (wiesengrüne Zonen). In den meisten Regionen wird die Kontrolle mit Hilfe islamistischer und dschihadistischer Milizen ausgeübt, wobei letztere oft in der Mehrheit sind (olivgrüne Zonen). Selbst der Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front ist ein willkommener Verbündeter, obwohl diese Miliz dem IS an Grausamkeit nicht nachsteht. Jede an die FSA gelieferte Waffe kann auch in die Hände islamistischer Extremisten geraten.
Die USA setzen in ihrer Außenpolitik dennoch allein auf die FSA. Daher wird sie von anderen westlichen Staaten unterstützt.

Die übrigen «Rebellen»
Dies sind in der Regel moderat islamistische und radikal-islamische Milizen unterschiedlicher Ausrichtung. Besonders die Al-Nusra-Front kann als extrem radikal und gewalttätig betrachtet werden. Sie ist Bestandteil der globalen Terrororganisation Al-Qaida, auf die sie einen Eid abgelegt hat. Ihr Ziel ist die Errichtung eines Emirats in Syrien, ihre Methoden sind Terror, Mord, Folter und Vertreibung. Vor einigen Tagen erschossen sie mehr als 50 syrische Kriegsgefangene, daneben rieben sie ein 60-köpfiges Kommando auf, das von den USA für den Kampf gegen den IS ausgebildet und ausgerüstet worden war, die Kämpfer des Kalifats aber nie zu Gesicht bekam.
Die Islamisten werden besonders von Saudi-Arabien und den Golfstaaten unterstützt.

Die Regierungstreuen
Für Assad kämpfen besonders die Minderheiten der Aleviten und Schiiten, vereinzelt auch andere Angehörige von religiösen und ethnischen Minderheiten. Sie kämpfen allerdings nicht nur für den Assad-Klan, sondern auch um das eigene Überleben. An ihrer Seite kämpft die libanesische Schiitenmiliz der Hisbollah.
Die Regierungstruppen sind durch den Kampf an drei Fronten - im Norden und Süden gegen die Rebellen, im Osten gegen den IS - ausgeblutet. Dennoch sind sie, einzeln betrachtet, die stärkste Konfliktpartei. Nach wie vor stützt sich Assad auf nicht unerhebliche Bevölkerungsteile, die Syrien nicht in einen islamischen Gottesstaat umgewandelt sehen wollen.
Gegenwärtig wieder besonders hart umkämpft ist das frühere Handels- und Wirtschaftszentrum Aleppo. Hier wird jeder Stadtteil von einer anderen Macht gehalten. Man muss beachten: Zöge die syrische Armee aus der Metropole ab, würde umgehend der IS die Gunst der Stunde nutzen und der Stadt den Todesstoß versetzen.
Die Regierungstruppen werden besonders von Russland und Iran unterstützt. Sie kämpfen für die Wiederherstellung der alten Ordnung und für ein säkulares und staatssozialistisches Syrien.

Der «Islamische Staat»
Der Kern der Terrorarmee des sogenannten Islamischen Staates (IS) besteht aus multinationalen Söldnern des Dschihad, die einen umfassenden Gottesstaat im Irak und der Levante errichten wollen. Viele dieser Kämpfer kommen aus der Armee des einstigen Diktators Saddam Hussein, andere wurden von westlichen Staaten als Kämpfer gegen andere Terrorgruppen ausgebildet.
Der IS beherrscht in Syrien Teile des Nordens und beinahe die gesamten dünn besiedelten Wüstengebiete des Ostens, inklusive zahlreicher Öl- und Gasfelder. Umgeben ist dieser harte Kern von Stammesmilizen, deren Angehörige erstmals im Leben ein Einkommen beziehen oder sogar zum Kampf für das Terrorkalifat gezwungen werden, indem man in ihren Stämmen Menschen als Geiseln nahm. Auch kämpfen Menschen aus verschiedenen Ländern aus Überzeugung für den IS, auch aus westlichen Staaten. Hier tun sich gerade Konvertiten mit einem völlig abstrusen Islamverständnis negativ hervor.
Der IS wird besonders von Privatleuten aus Saudi-Arabien und den Golfstaaten und teilweise von der Türkei unterstützt. Die Türkei sähe sich gern als Gewahrsamsmacht der Sunniten in Syrien und im gesamten Nahen Osten, wobei ihnen das Assad-Regime im Wege steht. Sie sieht im IS keine Gefahr, sondern eher den «nützlichen Idioten».

Hier der Link zu einer Karte mit der Darstellung der aktuellen Situation:
http://ic.pics.livejournal.com/tarassirko/72229688/97012/97012_original.jpg

Das erschreckende Fazit des fast fünfjährigen Krieges, der sich längst vom Bürgerkrieg zum Glaubenskrieg gewandelt hat, in dem jeder gegen jeden kämpft, umfasst eine Viertelmillion Tote, Hunderttausende Verletzte und mehrere Millionen Flüchtlinge, die sich hauptsächlich im Libanon, in Jordanien und der Türkei aufhalten, nun aber in Massen nach Europa strömen. Hinsichtlich der deutschen Jubelkultur über eintreffende Geflüchtete schmerzt mich hier sehr die Gedankenlosigkeit gegenüber den in der Kriegsregion Verbliebenen. Diese sind nahezu vollständig aus dem politischen und medialen Fokus geraten. Außerdem ist für mich persönlich sehr verwirrend anzuschauen, wie junge und kräftige syrische Männer ihre Kinder über europäische Grenzzäune werfen, um auf diese Weise den Durchlass zu erzwingen, während man andererseits zierliche Kurdinnen für ihre Heimat, ihre Familien und ihr Recht auf Selbstbestimmung und eine bessere Zukunft kämpfen sieht. Stellt man diese Bilder gegenüber, wirkt etwas verkehrt daran.

Der «Arabische Frühling» ist gescheitert. Die Zustände in den beteiligten Ländern sind nicht besser als zuvor, teils sogar übler. In Algerien, Marokko und Mauretanien wird man froh sein, gar nicht erst mitgemacht zu haben. Während die früheren Machthaber die diversen Konflikte unterdrücken konnten, sind sie nun offen ausgebrochen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Regent einer Region ist, wer über genügend Bewaffnete verfügt. Auch die Einflüsse von außen und das überhastete Aufnötigen von Strukturen, die in anderen Teilen der Welt über Jahrhunderte wachsen und gedeihen mussten, haben ihr Übriges beigetragen, um den «Arabischen Winter» zu erzeugen.

Doch ganz gleich, von welcher Seite aus man die schreckliche Lage betrachtet, man kommt um eine Einsicht nicht herum: Assad und seine Truppen stehen auf beinahe verlorenem Posten gegen den islamistischen Terror und den globalen Dschihad. Wie verzweifelt muss die Lage der Minderheiten sein, wenn der syrisch-orthodoxe Bischof Maurice Amsih zum Gebet für Baschar al-Assad aufruft und das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche bittet, im Rahmen dessen USA-Besuchs Präsident Obama aufzufordern, die «Aggressionen der USA gegen Syrien» endlich zu stoppen!

Betet also, liebe Leserinnen und Leser, wenn auch nicht für Assad, so doch wenigstens für Syrien und die Syrer.

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