3. Zeitgeschehen

Sonntag, 28. September 2014

Peinlichkeiten (2)

Dank eines Herrn Wolfgang Brosche und des Meinungsmagazins The European wissen wir nun, dass die Menschen, die am Marsch für das Leben teilnehmen, der »dumpf-unverständigen und hysterisch-furchtsamen Masse« in Horrorfilmen entsprechen und den armen kleinen Vampir abmurksen wollen. Und natürlich soll auch ein Gottesstaat geschaffen werden, in dem die Untertanen vor dem Klerus auf den Knien herumrutschen müssen.

Die gesamte Peinlichkeit HIER.

Peinlichkeiten

Im Rahmen der TV-Sendung ›Presseklub nachgefragt‹ forderte einer der anrufenden Fragesteller eine Intervention im Irak gegen die Terrorarmee ›Islamischer Staat‹. 80.000 Mann würden dafür ausreichen, befand er. Nun, abgesehen von der traurigen Tatsache, dass es kaum noch eine intakte westliche Streitmacht gibt, die eine solche Truppe zusammen bekäme, zeigt ein Blick nach Afghanistan deutlich auf, wie 300.000 Soldaten nicht zum militärischen Sieg über die rund 6.000 bis 8.000 Taliban in der Lage waren.

Überhaupt sind die Möglichkeiten für robuste Militäreinsätze personell begrenzt, während die Terrorbanden über ein schier unerschöpfliches Reservoir an Menschen verfügen. Woher sollten also die 80.000 Soldaten kommen? Aus Deutschland?

Der Zulauf zu den Terrormilizen und -gruppen ist hingegen ungebrochen. Neben der Hauptursache, eine dem islamischen Terrorismus zugrunde liegenden, religiöse Verblendung ist dies aber auch die Folge einer als zutiefst ungerecht empfundenen Welt- und Regionalordnung.

»Ach, wären doch nur alle so demokratisch wie wir«, beklagen Politiker, Journalisten, Kolumnisten und Bildungsbürger, »dann wäre alles viel besser.« Sorry, aber wer sind da einbildet, dass die meisten Angehörigen der Mehrheitsgesellschaften in anderen Kulturkreisen unser politisches Modell rundum als erstrebenswert erachten, ist schief gewickelt. Im Gegenteil. Die Übertragung auf anders sozialisierte Kulturen und Nationen ist gescheitert. Die westliche Demokratie konnte sich nirgends durchsetzen. Es fehlen die Massen von Anhängern. Die meisten Menschen wollen nicht ›westlich‹ leben.

In Libyen herrscht Chaos, in Ägypten regiert erneut ein Militärmachthaber, in Syrien will der Bürgerkrieg kein Ende finden. Es fehlt schlicht und einfach ein modernes ÖSTLICHES Gesellschaftsmodell, mit dem man sich identifizieren könnte. Mit der westlichen Demokratie werden nun mal häufig gefühlte oder tatsächliche Auswüchse der Dekadenz verbunden, wie neuerdings das Hauptproblem des Ethikrates: der straffreie Inzest. Auszubaden haben es die Minderheiten in den arabischen und anderen islamisch geprägten Ländern, die manche ›Errungenschaften‹ indes genauso wenig haben wollen, zum Beispiel den zentralistisch regierten, multireligiösen, geschlechtsneutralen und kreuzundquerpoppenden Einheitsmenschen mit Luxusproblemchen.

Die Reaktionen der deutschen Politik auf die neue Weltlage und den Terrorismus können eigentlich Heiterkeit hervorrufen, wenn die Hintergründe nicht so traurig wären. Man bekommt den Spagat zwischen ›Multikulti‹ und realistischer Einschätzung von Zusammenhängen einfach nicht hin. Die Ansicht, der Terrorismus habe nichts mit dem Islam zu tun, wird zwar gern propagiert, weil man die friedliebenden Muslime nicht verschrecken möchte, aber sie entspräche der Meinung, die Inquisition hatte nichts mit der Kirche zu tun - wobei im Christentum ein Wandel stattfand, im Islam jedoch nicht. Wir sehen uns hier modern ausgestatteten - und bewaffneten - Menschen gegenüber, die geistig im 7. Jahrhundert beheimatet sind und nur die Sprache der Gewalt und Gegengewalt verstehen. Aber wer geht hin und verpasst ihnen eine ordentliche Maulschelle?

Manche innenpolitische Ideen für den Kampf gegen IS und Co. sind hilflos, einige sogar historisch bedenklich, bspw. die vom Grünenabgeordneten Beck vorgeschlagene Kennzeichnung von Ausweispapieren. Sollen nun männliche Salafisten den Zweitvornamen ›Achmed‹ bekommen und weibliche Salafisten zusätzlich ›Gülcan‹ heißen? Nein, das ist plakativer Unsinn, wie auch das Vorgehen gegen die ›Scharia-Polizei‹ mittels Versammlungsgesetz und Uniformierungsverbot. Wenn man weiter nichts zu bieten hat, kann man sich nur lächerlich machen.

Der Kampf gegen Terrorgruppen wie IS, Al-Qaida, Al-Nusra, Al-Shabaab usw. kann nicht von einer ›Koalition der Willigen‹ mit wechselnder Zusammensetzung geführt werden, sondern ist eine gemeinsame Angelegenheit aller Staaten. Gerade gegen den IS-Terror gibt es eine breite Front, der sich auch Russland, China und der Iran nicht verschließen würden. Stattdessen schafft man mit seltsamen Allianzen, die auch Kopfabhack-Länder einbinden, eher neue Probleme - und neue Terrorgruppen.

Eine Allianz der USA, Saudi-Arabiens und Katars gibt dem Anti-Terror-Kampf einen bitteren - öligen - Beigeschmack. Man muss sich fragen, ob Länder, in denen neben dem Islam andere Religionen überhaupt keine Daseinsberechtigung haben, in denen man für den Besitz einer Bibel bestenfalls ausgepeitscht und schlimmstenfalls enthauptet wird, tatsächlich eben diese Minderheiten schützen möchten, oder ganz andere Interessen verfolgen.

»Wir tun genug gegen den IS«, sagt Außenminister Steinmeier. Ich sage: »Ja, wir zeigen der gesamten Welt unsere maroden Flugzeuge.« Wenn man in Deutschland Wort und Tat gegeneinander abwägt, sieht man mal wieder den typischen Oberlehrer mit den üblichen politischen Forderungen, die aber in keiner Weise durchgesetzt werden könnten. Denn es mangelt an allem. Nicht zuletzt auch an einer Motivation, die über das aus- und abschweifende Debattieren hinausgeht. Und auch der EU ist es nach wie vor nicht gelungen, ein gemeinsames außen- und sicherheitspolitisches Konzept zu erarbeiten - geschweige denn umzusetzen.

Der Bundespräsident plädiert für mehr deutsche Verantwortung in der Welt. Auch im militärischen Bereich. Angesichts der peinlichen Pannen der vergangenen Wochen bleibt die wichtigste Frage offen:

WOMIT?

Samstag, 20. September 2014

Obama und die Päpste

In der Sozialenzyklika ›Caritas in veritate‹ regte im November 2009 Papst Benedikt XVI. die Schaffung einer Weltautorität als Antwort auf die globale Wirtschaftskrise an und forderte dazu auf, die Krise als Chance für ein radikales Umdenken zu nutzen. Angemahnt wurde eine Wirtschaftsordnung, die sich an ethischen Zielen und am Gemeinwohl aller Menschen ausrichtet, um eine Welt in Gerechtigkeit und Solidarität zu schaffen. Papst Franziskus drückte sich in seiner Enzyklika ›Evangelii gaudium‹ drastischer aus, sagte aber eigentlich nichts anderes als sein Amtsvorgänger.

Zu Wort meldete sich einen Tag später während des G8-Gipfels in Italien der US-Präsident Barack Obama. Allerdings mit einer sehr eigenen Interpretation. Sinngemäß zusammengefasst: die Weltautorität besteht bereits in der ›wunderbarsten Nation der Welt‹. Und es muss eine Machtausübung der Eliten geben, weil die Mehrheit der Menschen für autonome Entscheidungen betreff des Gemeinwohls eh zu blöd ist.

Die globale Krise, während der diese Episode sich ereignete, war im Wesentlichen ein Frontalangriff der weltweit führenden Finanzwirtschaftler auf einen zu starken Euro. Im weiteren Verlauf wurde der Euro zwar gerettet, aber die untere Hälfte der Bevölkerungen verschiedener Euro-Länder zahlten die Zeche durch den Anstieg der Einkommensarmut unterhalb der gehobenen Mitte. Mit großem Aufwand und politischem Willen wurde der Euro ›gerettet‹. Durch noch größere Ungerechtigkeiten und Verschärfungen der Ungleichheit zwischen den Einkommensbeziehern. Der Dollar blieb dagegen im Keller.

Erst die Geschehnisse in der Ostukraine, die von allen Seiten mit umfangreicher Propaganda und Kriegesrhetorik begleitet werden, und die zu umfangreichen Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation führten zum Umschwung. Der Dollarkurs stieg, der Euro-Wert sank. Denn die Sanktionen betreffen fast ausschließlich die EU-Länder, nicht aber die Vereinigten Staaten.

Gleichzeitig wird der ›Kalte Krieg‹ wiederbelebt und die Wiederaufrüstung der Nato-Länder gefordert. Wer der weltgrößte Rüstungsproduzent ist und somit kräftig profitieren würde, muss nicht eigens erwähnt werden. Vergessen sind angesichts des vermeintlich möglichen 3. Weltkrieges die Spannungen im transatlantischen Bündnis, die Totalausspähung der europäischen Partner durch NSA & Co., die Widerstände gegen das USA-EU-Freihandelsabkommen, das nicht nur mit Handel zu tun hat, sondern auch mit der Entdemokratisierung der Geld- und Warenflüsse und sogar mit der Angleichung der Gesundheitsversorgung. Nicht ohne Grund wird über TTIP hinter verschlossenen Türen verhandelt, als ginge es um ein Staatsgeheimnis.

Schlussfolgernd muss also festgestellt werden, dass die Anregungen und Kritiken der beiden eingangs genannten Päpste Benedikt und Franziskus komplett ins Gegenteil verkehrt wurden. Die Ethik wird weiterhin an den Börsen verhökert, das Gemeinwohl steht hinter der Buchgeldvermehrung zurück, Gerechtigkeit und Solidarität sind nach wie vor Opfer der Habgier und Verblendung.

Bei Gelegenheit mehr über Gerechtigkeit. Ein vorletzter Satz: Es geht mir nicht um USA-Bashing. Es gibt vieles an den USA, das ich wirklich richtig dolle gut finde. Die teilweise paranoide, aber immer eigennützige Außen- und Sicherheitspolitik (sie drückt sich u.a. in »Fuck the EU« aus) gehört allerdings nicht dazu.

Aber - zugegeben - ich betrachte eher den Menschen als Staaten, und so gibt es in allen Völkern, Nationen und Ländern Leute die ich mag und Leute die ich nicht mag. So liegt mein Rückzug aus den sozialen Netzwerken hauptsächlich darin begründet, dass mir diese Schwarz-Weiß-Ansichten und rund um die Uhr verbreiteten, bisweilen radikalen Ideologien dort einfach zu viel und die heiteren Unterhaltungen zu wenig wurden. Wenn man sich letztlich wegen unterschiedlicher Auffassungen sogar gegenseitig totschlagen würde, wenn es das 5. Gebot nicht gäbe, wird es dann doch zu ungemütlich.

Nichts für ungut. Ich bin eben im Grunde meines Herzens ein gemütlicher großer, dicker Bär ;-)

Mittwoch, 17. September 2014

Der Emir von Katar

bekam nun also von unserer Königin Kanzlerin den Persilschein ausgestellt. Dass sein Land den IS nicht unterstützt, konnte er tatsächlich guten Gewissens anmerken. Immerhin haben in den letzten Monaten bereits um die fünfzig Experten und Journalisten berichtet, der IS wäre die einzige Terrororganisation, die sich komplett selbst finanziert. Durch Schwarzverkauf von Erdöl, Waffen- und Menschenhandel, Schutzgelderpressung, Wegezölle an der irakisch-syrischen Grenze usw. Egal, Frau Merkel kann natürlich nicht alles wissen. Will sie auch gar nicht.

Nun beruft der Emir sich sogar darauf, der ›Koalition der Willigen‹ anzugehören, die den IS bekämpfen will. Neben Saudi-Arabien. Beide Länder, Katar und Saudi-Arabien, werden aber immer wieder als Terror-Sponsoren genannt. Wie kommt es nun dazu, dass sie sich zum Kampf gegen den IS bereit erklären? Seltsam, oder? Nein, einfach beantwortet: Der IS mit seinem Kalifat erkennt weder Königreiche an, denn der Islam a la IS kennt kein Königtum (einige Denkschulen lehnen Aristokratie innerhalb des Islam vollständig ab, u.a. der Deobandismus der Taliban), noch darf es Emirate geben, die nicht dem Kalifat unterstehen. Anders als die Al-Qaida, die Al-Nusra-Front & Co. ist der IS also auch für Katar und Saudi-Arabien selbst gefährlich. Das Engagement gegen den IS beruht daher auf Eigennutz.

Sklavereiähnliche Zustände in Katar wurden vom Emir hingegen eingeräumt. Er straft damit so manchem Fußballfunktionär Lügen, der keine Menschen mit Ketten gesehen hat. Die wären beim Akkordarbeiten auch irgendwie hinderlich. Aber wegen der lausigen Arbeitsbedingungen auf den Baustellen eines Erdöllieferanten - und Großinvestors - wird der deutsche und europäische Humanismus wohl nicht ganz so kleinlich sein und einträgliche Geschäfte mit dem Emirat tätigen. Nun gut, auch Blutgeld stinkt nicht. Und schließlich kann man sich derzeit an der Russischen Föderation abarbeiten.

Nein, heute gibt es keine Nackte!

Mittwoch, 10. September 2014

Sichtblenden gegen Extremismus

Wie kam es eigentlich zum Braunhemd der Nazis? Eigentlich durch Zufall. Die sogenannte Reichszeugmeisterei der NSDAP erwarb einen voluminösen Posten an Hemden, die für deutsche Offiziere und Unteroffiziere der Afrika-Schutztruppen bestimmt waren. Da Deutschland seiner Kolonien verlustig ging, bekam die Nazi-Partei die Ladenhüter zum Schleuderpreis veräußert.

Eine Zeitlang war das Braunhemd verboten. Daraufhin trugen die Nazis weiße Hemden und überhäuften das Land mit Plakaten. »Es blökt das Schaf, es muht das Rind, weil Hemden staatsgefährdend sind«, war darauf zu lesen. Irgendwie erinnert mich diese Episode an die selbsternannte ›shariah police‹ in Wuppertal und an die politischen Reaktionen.

Das Verbot des Braunhemds hielt die Machtergreifung der Nationalsozialisten keine Minute lang auf. Man hatte dank des Braunhemds sogar den Vorteil zu erkennen, wer einem da auf der Straße begegnete. Eine uniformartige Bekleidung dient nun mal dazu, deren Träger zu identifizieren und einer bestimmten Organisation zuzuordnen.

Auch im Fall der Salafisten redet man sofort von einem Verbot der ›Uniform‹. Also der Warnweste. Man bemüht das Uniformierungsverbot und das Versammlungsgesetz. Kein Wort von den Straftaten der Salafisten im Zusammenhang mit der ›Scharia-Polizei‹. Immerhin wurden mehrere Mädchen bedroht, damit sie künftig verschleiert auf die Straße gehen, während ein Teenager wegen Alkoholkonsums verprügelt wurde. Egal, das wird unter harmloser Straßenkriminalität abgehakt, auch wenn es sich umgehend um ein Staatsschutzdelikt handeln würde, wenn die Täter bspw. zur rechten Szene gehören würden. Die Weste macht den Unterschied zwischen Wegschauen und Reagieren.

»Was man nicht sieht, ist nicht vorhanden«, scheint der Grundsatz zu lauten. Salafisten ohne Warnwesten und ihre Ideologie sind zwar nicht ungefährlicher als Salafisten mit Westen. Aber sie sind schwerer zu erkennen. Extremismusbekämpfung durch Unkenntlichmachung der Extremisten und durch Verbergen des Extremen. Das erinnert mich an das Stopp-Schild vor Kinderpornoseiten und wirkt sehr hilflos und plakativ. Wie damals beim Braunhemd.

Es scheint, als würde man mittlerweile die Missstände um des lieben Friedens willen lieber verschleiern als bekämpfen. Man könnte ja ›islamophob‹ werden, wenn man derartige ›Schönheiten und Bereicherungen‹ wie die Scharia-Polizei zu Gesicht bekommt - oder andere extreme oder kriminelle Gruppierungen. Und so soll man sie eben nicht sehen. Dann muss man sich nämlich auch keine Gedanken machen.

Aber nun ja, vielleicht ist ja ein Opfer von Schutzgelderpressung durch Rockerbanden tatsächlich glücklicher, wenn künftig die Erpresser auf ihren Joppen keinen Logos mehr tragen dürfen. Oder Salafisten keine Warnwesten. Für manchen unserer Politiker könnte dieser Gedanke vermutlich einleuchtend sein.

Sonntag, 7. September 2014

Kampf gegen IS

Der unlängst abgehaltene Nato-Gipfel brachte neben dem üblichen Säbelrasseln inklusive ausgestellter Pappflugzeuge immerhin ein positives Ergebnis: ein Bündnis von zehn Ländern gegen die Terrororganisation (beinahe schon Terrorarmee) 'Islamischer Staat' im Irak und in Syrien.

Eine Frage stelle ich mir aber in letzter Zeit immer wieder. Wie sollen die Menschen je wieder friedlich zusammenleben? Nach all dem, was man den Christen und Jesiden angetan hat- können sie jemals wieder in ihre angestammte Heimat zurückkehren? Werden sie dort überhaupt eines Tages wieder sicher sein? Wird das uralte Christentum in der Region bestehen bleiben?

Ich weiß es nicht. Es bleibt wohl derzeit allein die Hoffnung.

Der Auslöser dieser Fragen und Gedanken: HIER

Dienstag, 2. September 2014

Wer sonst?

»Wir wollen nicht, dass eure Kinder für uns sterben, aber wir wollen selbst um unser Überleben kämpfen. Helft uns dabei und gebt uns Waffen.« So kann man Hilferufe aus dem Nordirak, aus den kurdischen Autonomiegebieten vernehmen.

Nun kann man Wochen und Monate darüber debattieren, ob diese nunmehr zugesicherten Waffen in falsche Hände geraten könnten oder welche Ansinnen die Kurden möglicherweise neben der Selbstverteidigung noch verfolgen könnten, aber es ist angesichts dieser furchtbaren Tragödie nicht nur müßig, sondern zumindest grob fahrlässig.

Betrachten wir das von Deutschland zugesicherte Material. Es ist ausreichend für die Ausrüstung einer Division mit 16.000 Kämpfern, wovon eine Truppe in Brigadestärke, also 4.000 Mann, auch über Körperschutzausrüstung verfügen würde. Einzige gepanzerte Fahrzeuge sind die geländegängigen Dingo 1, die hauptsächlich für Patrouillefahrten und Spähaktionen konzipiert sind. Insgesamt sind es allesamt Defensivausstattungen, nicht geeignet für Angriffshandlungen gegen die wesentlich besser und aggressionstauglicher gerüstete IS.

Mit anderen Worten: Mit den deutschen Lieferungen von Waffen und Gerät verbessert sich die Situation der kurdischen Peschmerga hinsichtlich der Verteidigung ihres Territoriums - und damit der Flüchtlingslager.

Die Gefahr, dass die Kurden einen eigenen Staat ausrufen, wird durch die Lieferungen nicht größer oder kleiner. Längst ist das Autonomiegebiet im Norden des Irak de facto ein staatenähnliches Gebilde mit eigenem Parlament, eigener Regierung, eigenen Visa, eigenem Sozialsystem und eigener Armee: den Peschmerga. Gleichzeitig sind sie Kurdengebiete aber auch die derzeit einzig stabile Region im gesamten Irak und darüber hinaus im nordostsyrischen Grenzraum.

Mit der Wehrhaftigkeit der Peschmerga steht und fällt die Möglichkeit zur Versorgung der zahllosen Flüchtlinge und die Sicherheit der vor Ort eingesetzten Helfer sowie die Befähigung zur Stabilisierung des nördlichen Irak. Werden die Autonomiegebiete von den Terroristen überrannt, grenzt deren ›Kalifat‹ unmittelbar an die Türkei - und somit an ein Nato-Land, das zugleich eine Landbrücke nach Europa darstellt.

Wer sonst als die Kurden sollte also unterstützt werden? Sie schützen nicht nur sich und die Flüchtlinge, sondern auch uns.

Sonntag, 31. August 2014

Eine Schande!

Wie die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mitteilte, wurden mehrere hundert jesidische Frauen und Mädchen als ›Kriegsbeute‹ aus dem Irak nach Syrien verschleppt. Etwa hundert der Frauen sollen als ›Bräute‹ an IS-Angehörige verkauft worden sein - für je 1.000 Dollar -, nachdem sie zum Übertritt zum Islam gezwungen wurden. Man weiß wirklich nicht mehr was man sagen soll. Es ist eine Schande, ein schreiendes, bitteres Unrecht, das man so einfach nicht hinnehmen kann. Das muss auch der pazifistischste Mitmensch einsehen.

Hintergrund:
Wie auch die Taliban werden die IS-Terrorkämpfer gut bezahlt. Sie erhalten 400 Dollar monatlich und zusätzlich 100 pro Frau und 50 pro Kind. Für die Verhältnisse in Syrien und im Irak ist das eine Menge Geld.

Montag, 25. August 2014

Die IS wächst und wächst

Dass die Terrororganisation IS im Irak und in Syrien bekämpft werden muss, kann wohl kaum bezweifelt werden. Doch wo und wann auch immer westliche Streitkräfte Luftangriffe auf ein muslimisches Land durchführen, steigt die Zahl der Dschihadisten an. Binnen weniger Wochen hat sich allein in Syrien die Anzahl der IS-Terrormilizionäre von unter 10.000 auf rund 50.000 erhöht. Damit ist diese Gruppe gefährlicher denn je, was selbst Assad heute dazu veranlasst hat, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Westen - inkl. USA - zu erklären.

Deutschland kann allerdings nur diskutieren und sich nicht an militärischen Aktionen beteiligen. Denn bei der Bundeswehr ist nichts wie es scheint. Das musste auch die junge und dynamische Verteidigungsministerin eingestehen. Denn die den kurdischen Peschmerga versprochene Ausstattung ist entweder nicht ausreichend bzw. gar nicht vorhanden oder defekt oder anderswie unbrauchbar. Heute wurde nebenbei bekannt gegeben, dass von mehr als hundert Kampfflugzeugen nur acht und von rund siebzig Transporthubschraubern nur sieben voll einsatzfähig sind. Na dann ...

Samstag, 23. August 2014

Washingtons Dilemma

Abu Bakr al-Baghdadi nimmt auf der Liste der meistgesuchten Terroristen der Welt den 2. Platz ein. Auf ihn ist ein Kopfgeld von zehn Millionen US-Dollar ausgesetzt. Die Terrormiliz des selbsternannten Kalifen, die sich vor mehr als zehn Jahren als Widerstandsbewegung gegen die US-Besatzung im Irak gründete, beherrscht heute weite Flächen der Staaten Irak und Syrien. In jedem dieser beiden Länder sind jeweils rund 6.000 bis 8.000 ›Gotteskrieger‹ der IS (vormals ISIL) mit satanischer Freude dabei, unliebsame Menschen zu ermorden, zu foltern, zu vergewaltigen, zu erpressen.

Im Fokus der Politik, der Medien und der öffentlichen Debatte steht derzeit der Irak. Syrien scheint beinahe vergessen. Zumindest ist der dortige Konflikt stark in den Hintergrund getreten, obwohl sich die von IS verübten Gräueltaten im Irak und in Syrien nicht unterscheiden. Nicht in der Zahl und nicht in der Art und Weise.

Der Unterschied: Im Irak, wo Christen, Jesiden, Schiiten und unliebsame Sunniten gemordet, geschändet und vertrieben werden, wurde eine Scheindemokratie errichtet, in Syrien herrscht noch immer ein Feind der Demokratie: Baschar al-Assad.

Dass die USA, die durch den Sturz Saddam Husseins eine besondere Mitverantwortung für die schrecklichen Geschehnisse im Irak tragen, nun militärisch intervenieren, ist nur gut und richtig. Ein Terrorregime, wie die IS es etabliert hat, darf nicht existieren. Alle Staaten der Welt, die in irgendeiner Weise global bedeutsam sind, besonders die westliche Welt, sind latent nicht minder bedroht als die Länder, in denen der Terrorismus gegenwärtig mit offenen Visier sein Unwesen treibt.

Doch was ist mit Syrien? Auch dort ist ein Teil des Staatsgebietes fest im Griff des ›Kalifen‹. Auch dort werden Menschen getötet, gepeinigt, vergewaltigt. An dieser Stelle stößt der ›Weltgendarm‹ an seine Grenzen. Um dem Genozid in Syrien ebenso zu begegnen wie dem Völkermord im Irak, müsste IS an beiden Fronten bekämpft werden. Schließlich könnte der ›Kalif‹ den Irak verlassen und mit doppelter Stärke in Syrien agieren - mit dem im Irak erbeuteten Material wäre IS dort kaum zu schlagen.

Doch in Syrien regiert ein Diktator. Schwer vorstellbar, dass Washington den syrischen Teil der IS angreift, denn damit würde man Assad unterstützen. Das Dilemma der westlichen Welt, voran der USA, besteht darin, einerseits weltweit die Menschenrechte durchsetzen zu wollen, aber andererseits auch ureigene nationale und wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.

Dabei sind Menschenrechte universell und unveräußerlich. Sie gelten für Iraker, Syrer, Deutsche und Italiener, für Christen, Juden, Muslime, Jesiden, Drusen und für wen auch immer. Der Kampf gegen Terror und Völkermord darf meines Erachtens nicht am gebräuchlichen Schwarz-weiß-Denken scheitern. Das Problem der westlichen Welt ist nicht die Frage, ob man in Konflikte militärisch eingreifen soll, denn dies ist zur Verhinderung von Genoziden manchmal unerlässlich, sondern die mit dem Eingreifen verbundene Sehnsucht, den nicht-westlichen Menschen westliche Maßstäbe überzustülpen.

Daran sind bisher alle Versuche, eine allgemein anerkannte und als gerecht empfundene Weltordnung zu schaffen, kümmerlich gescheitert.

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