Samstag, 23. August 2014

Washingtons Dilemma

Abu Bakr al-Baghdadi nimmt auf der Liste der meistgesuchten Terroristen der Welt den 2. Platz ein. Auf ihn ist ein Kopfgeld von zehn Millionen US-Dollar ausgesetzt. Die Terrormiliz des selbsternannten Kalifen, die sich vor mehr als zehn Jahren als Widerstandsbewegung gegen die US-Besatzung im Irak gründete, beherrscht heute weite Flächen der Staaten Irak und Syrien. In jedem dieser beiden Länder sind jeweils rund 6.000 bis 8.000 ›Gotteskrieger‹ der IS (vormals ISIL) mit satanischer Freude dabei, unliebsame Menschen zu ermorden, zu foltern, zu vergewaltigen, zu erpressen.

Im Fokus der Politik, der Medien und der öffentlichen Debatte steht derzeit der Irak. Syrien scheint beinahe vergessen. Zumindest ist der dortige Konflikt stark in den Hintergrund getreten, obwohl sich die von IS verübten Gräueltaten im Irak und in Syrien nicht unterscheiden. Nicht in der Zahl und nicht in der Art und Weise.

Der Unterschied: Im Irak, wo Christen, Jesiden, Schiiten und unliebsame Sunniten gemordet, geschändet und vertrieben werden, wurde eine Scheindemokratie errichtet, in Syrien herrscht noch immer ein Feind der Demokratie: Baschar al-Assad.

Dass die USA, die durch den Sturz Saddam Husseins eine besondere Mitverantwortung für die schrecklichen Geschehnisse im Irak tragen, nun militärisch intervenieren, ist nur gut und richtig. Ein Terrorregime, wie die IS es etabliert hat, darf nicht existieren. Alle Staaten der Welt, die in irgendeiner Weise global bedeutsam sind, besonders die westliche Welt, sind latent nicht minder bedroht als die Länder, in denen der Terrorismus gegenwärtig mit offenen Visier sein Unwesen treibt.

Doch was ist mit Syrien? Auch dort ist ein Teil des Staatsgebietes fest im Griff des ›Kalifen‹. Auch dort werden Menschen getötet, gepeinigt, vergewaltigt. An dieser Stelle stößt der ›Weltgendarm‹ an seine Grenzen. Um dem Genozid in Syrien ebenso zu begegnen wie dem Völkermord im Irak, müsste IS an beiden Fronten bekämpft werden. Schließlich könnte der ›Kalif‹ den Irak verlassen und mit doppelter Stärke in Syrien agieren - mit dem im Irak erbeuteten Material wäre IS dort kaum zu schlagen.

Doch in Syrien regiert ein Diktator. Schwer vorstellbar, dass Washington den syrischen Teil der IS angreift, denn damit würde man Assad unterstützen. Das Dilemma der westlichen Welt, voran der USA, besteht darin, einerseits weltweit die Menschenrechte durchsetzen zu wollen, aber andererseits auch ureigene nationale und wirtschaftliche Interessen zu verfolgen.

Dabei sind Menschenrechte universell und unveräußerlich. Sie gelten für Iraker, Syrer, Deutsche und Italiener, für Christen, Juden, Muslime, Jesiden, Drusen und für wen auch immer. Der Kampf gegen Terror und Völkermord darf meines Erachtens nicht am gebräuchlichen Schwarz-weiß-Denken scheitern. Das Problem der westlichen Welt ist nicht die Frage, ob man in Konflikte militärisch eingreifen soll, denn dies ist zur Verhinderung von Genoziden manchmal unerlässlich, sondern die mit dem Eingreifen verbundene Sehnsucht, den nicht-westlichen Menschen westliche Maßstäbe überzustülpen.

Daran sind bisher alle Versuche, eine allgemein anerkannte und als gerecht empfundene Weltordnung zu schaffen, kümmerlich gescheitert.

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