Montag, 31. August 2015

Zum besseren Verständnis

Der Konflikt in der Ostukraine beruht auf mehreren heftigen Gegensätzen: Ethnie, Kultur sowie Lebens- und Arbeitsweise. So stehen die meisten Menschen im historischen Neurussland dem russischen Staat und der russischen Bevölkerung näher und verstehen sich als Teil der drei gesamtrussischen Völker (Groß-, Klein- und Weißrussen), die Bewohner Galiziens bspw. bestehen hingegen aus verschiedenen Ethnien: Ukrainer, Polen, Balten, Rumänen usw.

Zu den wenigen positiven Errungenschaften der Oktoberrevolution 1917 und der nachfolgenden Ereignisse gehören die Elektrifizierung und Industrialisierung des einst landwirtschaftlich geprägten, zaristischen Riesenreiches. In der heutigen Ukraine blieb der Westen bis heute von bäuerlichem Nationalismus geprägt, während der Osten zunehmend von der internationalistischen Arbeiterschicht beeinflusst wurde. Hinzu kommt der religiöse Gegensatz zwischen dem griechischen Katholizismus im Westen und der russischen Orthodoxie im Osten.

Verbunden mit der unsichtbaren Kulturgrenze - osteuropäische, westslawische und romanische Kultur im Westen und im Zentrum, ostslawische Kultur im Osten und Südosten - prallen zusätzlich die Gegensätze der Befindlichkeiten des Landvolks einerseits und derer der Arbeiterschaft sowie der Bergleute andererseits seit einer halben Ewigkeit mehr oder minder heftig aufeinander. Im Osten wurde das Konzept vom ukrainisch-bäuerlichen Nationalismus schlicht abgelehnt, im Westen setzt man nach wie vor auf die Agrarproduktion.

Eine besondere Bedeutung im Konflikt kommt den Donkosaken zu, die seit Jahrhunderten auch im Donbass siedeln. In der Vergangenheit sahen sie, selbst eher bäuerlich geprägt, aber bspw. auch in der Textilproduktion verankert, sich weder als Russen noch als Ukrainer, sondern als eigenständige Volksgruppe. Für die Garantie ihrer Privilegien (Selbstverwaltung, Eigengerichtsbarkeit, sozialer Ausgleich, Recht auf Bewaffnung usw.) standen sie im Gegenzug loyal zum regierenden Zaren. Mit der Wiedergewährung ihrer Privilegien durch den russischen Staatspräsidenten Putin wurde auch die Loyalität zu Russland im Allgemeinen und zum Kreml im Besonderen wiedererweckt, so dass sie im gegenwärtigen Konflikt fest an der Seite der pro-russischen Kräfte stehen. Auch ein wesentlicher Teil der humanitären Hilfe kommt aus den Kosakenhochburgen Rostov am Don und Krasnodar.

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Foto: Donkosaken bei Präsident Putin, lange vor dem Konflikt

Jedenfalls werden die drei Gegensätze Ethnie, Kultur und Lebensweise zwischen West- und Ostukraine auf lange Sicht unüberwindbar bleiben. Dies muss in einem Friedensprozess für den Donbass berücksichtigt werden. Um eine Autonomie für die nicht anerkannten Donezker und Lugansker Volksrepubliken, möglicherweise für weitere Gebiete, kommt niemand herum, der wirklich Frieden will.

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