Mittwoch, 25. Februar 2015

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Bilder aus der Kleinstadt Pervomaysk in der Region Lugansk. Die Stadt hat von den noch bewohnten Ortschaften im Donbass den höchsten Zerstörungsgrad.

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Die Masse der Wohngebäude und der Infrastruktur sind komplett zerstört oder stark beschädigt.

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Das Stadtgebiet ist vermint. Minenfelder kann man durch Beschuss mit Grad-Raketen erzeugen, von denen sehr viele in Pervomaysk eingeschlagen sind.

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Die Menschen mussten oft tagelang in den Kellern ausharren, um zu überleben.

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Besonders die Kinder leiden schrecklich unter dem Krieg.

Der Widerstand der Menschen gegen die Kiewer Regierung ist indes bei vielen ungebrochen. Die zahlreichen Opfer sollen nicht vergebens gewesen sein, hört man häufig die verzweifelten Menschen sagen, und die Kiewer Truppen sollen endlich verschwinden ...

Bericht eines früheren Insiders

In der Online-Ausgabe des Nachrichtenmagazins DNR News findet sich ein Interview mit dem ehemaligen Leiter der Personalabteilung der Inneren Truppen der Ukraine (Berkut), Oberst Evgeniy Rudenko, der mit seiner Einheit auf dem Kiewer Maidan einem Hagel von Steinen und Molotow-Cocktails ausgesetzt war - damals noch in der Hoffnung, dass ein großes Blutvergießen vermieden werden kann.

Laut Rudenko haben westliche Politiker und Geheimdienste eine perfekte Arbeit geleistet, indem sie Russland zum Feind der Ukraine gemacht haben. Klar ist für den früheren Oberst, dass der Hauptzweck des Aufruhrs für den Westen die Schwächung Russlands war. Dafür war man bereit, ein Heer von Aktivisten des ukrainischen Nationalismus sowie ›Svoboda‹ und ›Rechter Sektor‹ zu unterstützen. Er sagt, dass die ukrainischen Sicherheitsdienste die Gefahren nicht erkennen konnten oder wollten.

»Der sogenannte erste Schuss (Anm.: Warnschuss)" für die ukrainischen Behörden fiel lange vor all den Ereignissen, aber leider wurde er nicht gehört«, so Rudenko. »Nach der Wahl 2012 versank das Land in einem bürokratischen Chaos. 2013 es gab viele Gründe, aus denen die Menschen auf den Maidan gingen. Zur gleichen Zeit wuchs die Proteststimmung im Land - und die Nationalisten unter der Führung des Westens nutzten dies aus«, meint der ehemalige Polizeioffizier.

»Weder im Dezember 2013 noch im Januar 2014 haben wir eine einzige Anweisung von öffentlichen Einrichtungen erhalten. Die Demonstranten tobten, griffen die Sicherheitskräfte an - und die Regierung schwieg. Um das Schlimmste zu verhindern, mussten wir hart durchgreifen, aber niemand gab die Richtung vor«, sagt Rudenko.

Auf die Frage, wer die Demonstranten tatsächlich anführte, antwortet Rudenko: »Organisator und Sponsor der Rebellion war der Westen. Geld wurde in die Ukraine gebracht. Viel Geld. Damit manipulierte die Führungsspitze, deren Namen schon lange in aller Munde waren, die Menschen. Den Präsidenten (Anm.: Janukowitsch) umgaben leider eine Menge Verräter, wie sich später herausstellte. Den Vorbereitungen eines Putschs wurde mit keiner einzigen Maßnahme begegnet. Es ist nichts geschehen, als Millionen Reifen nach Kiew gebracht und angezündet wurden, als das Gewerkschaftshaus (Anm.: in Odessa) niedergebrannt wurde. Dabei waren die Absichten der Radikalen im Voraus bekannt.«

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Oberst Rudenko auf dem Euromaidan

Rudenko erinnert an die ›Helden‹ des Maidan, die heute einen Sitz im Parlament haben. »Ein solcher ›Held‹ war beispielsweise der Kosak Gavriljuk, der mit einer Axt auf Polizeibeamte einschlug. Die Finger an beiden Händen sind nicht genug, um zu zählen, wie viele unserer Jungs er mit Molotow-Cocktails in Brand setzte, bis er verhaftet wurde. Und sie machten ihn zum Helden. Er hat aufgehört Kosak zu sein, nachdem er den ersten Polizisten in Brand setzte - einen Sohn der Ukraine, der nur seine Pflicht erfüllte. Niemand weiß, dass ein paar Tage vor diesem Vorfall Bewaffnete des ›Rechten Sektors‹ Angehörige der Polizeieinheit ›Berkut‹ verschleppten, ihnen Kiefer, Nase, Rippen brachen, ihnen Messerstiche beibrachten, sie ausgezogen in die Kälte warfen. Davon hat kein TV-Sender berichtet.«

Der frühere Oberst sagt, dass er, nachdem er einen russischen Pass erhalten habe und auf der Krim lebe, mehrmals daran dachte, in den Donbass zu gehen und dort zu kämpfen. Doch einerseits hat seine Familie ihn zurückgehalten, und andererseits war es für ihn schwer vorstellbar, gegen frühere Kollegen und Studenten der Akademie der Inneren Truppen zu kämpfen, die sich auf die andere Seite gestellt haben. So habe er sich entschieden, über die Medien mitzukämpfen.

»Man sieht kein Ende des Blutvergießens im Donbass. Alles ist viel ernster. Wenn der gesunde Menschenverstand sich nicht durchsetzen wird, kann es zu irreparablen Schäden führen. Die Amerikaner haben es geschafft, Brudervölker zu entzweien - Ukrainer und Russen. Daran wird sich vorerst nichts ändern. Nicht in einem Jahr, nicht in zehn Jahren. Und das ist traurig«, beendet Rudenko bedrückt sein Resümee.

Zur Person - Oberst a.D. Evgeniy Rudenko war Stabsoffizier der Truppen des Innenministeriums der Ukraine (Berkut) und leitete die Abteilung Personalangelegenheiten. Nach dem gewaltsamen Sturz der Regierung Janukowitsch in Kiew ließ er sich mit seiner Familie auf die Krim nieder.

Das Neue Europa

Kürzlich beklagte sich ein polnischer Intellektueller über seine Landsleute und schämte sich für sie. Der Grund: Nur 22 Prozent der Polen stimmten in einer Umfrage für Waffenlieferungen an die Ukraine. Seltsam. Sind die meisten Polen eventuell gar nicht so russophob, wie man ihnen gern nachsagt? Natürlich gibt es Polen mit einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Antipathie gegenüber dem Nachbarn, übrigens beiderseitig, aber es gibt auch andere, bspw. die Befürworter eines Kontinentalbündnisses anstatt des transatlantischen Paktes. Die sozialdemokratische Präsidentschaftskandidatin Magdalena Ogórek wirbt immerhin für ein verbessertes Verhältnis zur Russischen Föderation.

Anders die aktuelle Regierung. Deren Absichten spiegeln sich bspw. in der Ende des Jahres 2014 veröffentlichten Nationalen Sicherheitsstrategie Polens wider, die eine Reihe politischer Empfehlungen enthält.

Blicken wir zurück: Am Vorabend des Krieges entstand erstmals am Vorabend des Krieges einer US-geführten ›Koalition der Willigen‹ gegen den Irak Saddam Husseins der Begriff vom Neuen Europa, das sich vom Alten Europa naturgemäß unterscheidet. Die meisten westeuropäischen Staaten hatten damals kein Interesse an einer Beteiligung am Irakkrieg gezeigt, einige osteuropäische Staaten hingegen schon. Als besonders eifrig im Hinblick auf eine Kriegsbeteiligung erwies sich Polen.

Nun zum eigentlichen Thema, der polnischen Nationalen Sicherheitsstrategie. Diese ist besonders geprägt von einer nahezu paranoiden Feindseligkeit gegenüber der Russischen Föderation. Es finden sich in diesem Dokument Empfehlungen an die Politik bezüglich des Revisionismus der Geschichte und der Indoktrination der Gesellschaft. Käme ein solches Papier in nicht-westlichen Ländern zur Geltung, spräche man umgehend von einem Machwerk der Propaganda, das man um jeden Preis bekämpfen muss.

U.a. empfiehlt das Dokument die Instrumentalisierung der NATO zur Förderung polnischer nationaler Interessen. Bereitwillig soll Polen sich zum neuen Hauptstützpunkt der US- und NATO-Truppen im Osten Europas machen. Da eine konkrete Bedrohung von NATO- oder EU-Staaten nicht real existiert, soll sie durch die durchgängige Darstellung Russlands als Aggressor mit subtilen Methoden inszeniert werden.

Europäischer Vorposten der USA in der NATO

Das Dokument sieht in der NATO die wichtigste Form der politischen und militärischen Zusammenarbeit zwischen Polen und seinen Partnern - also nicht die Europäische Union. Für strategische Partnerschaften soll die Priorität auf die Zusammenarbeit mit den USA festgeschrieben werden. Polen wird sich um eine ausgeweitete militärische Präsenz der USA in Europa, darunter in Polen selbst, bemühen, und es wird Maßnahmen zur Erhaltung der US-Sicherheitsgarantie für Europa unterstützen.

Es wird ein deutliches und langfristiges Engagement der USA in europäischen Sicherheitsfragen angeregt. Polen wird zum Tor des Pentagon nach Europa und ist bereit, aktiv im Auftrag des US-Militärs zu handeln.

Polen wird somit zum ›Statthalter‹ der US-geführten NATO in Europa. Über die GSVP, die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union, wird Polen verstärkten Einfluss auf die politische und militärischen Entwicklung ganz Europas ausüben, der sich ganz im Sinn eines Nicht-EU-Mitglieds auswirken wird: zugunsten der USA, die immer häufiger die Aufrüstung Europas fordert.

Methode: Angewandte Sozialwissenschaft

Zur gesellschaftlichen Akzeptanz der Sicherheitsdoktrin soll ein politischer Konsens über den Vorrang von Sicherheitsfragen mittels der Angewandten Sozialwissenschaft (social engineering) sowohl durch die Politik als auch durch die Medien und das Bildungssystem Einfluss auf die Bevölkerung genommen werden. Eckpunkte dieser Einflussnahme sind die Bedrohung durch den Erbfeind Russland und die Abwehrmöglichkeit dieses Risikos allein durch die USA. Hierzu soll der Patriotismus gefördert werden. Geplant ist eine Maßnahme namens ›Bildung für Sicherheit‹ an Schulen und Hochschulen.

Als Bestandteil der kulturellen, patriotischen und militärischen Initiativen des Staates hält das Papier ein eigenes Kapitel über ›Medien für Sicherheit‹ bereit, indem es heißt: »Eine strategische Aufgabe in diesem Bereich der Sicherheit ist es, die Zusammenarbeit der Regierung und der Verwaltung mit den Medien zu stärken, um die Entwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins in Bezug auf eine geeignete Weise der Reaktion auf auftretende Bedrohungen zu erhöhen.«

Im Grunde genommen wird damit eine neutrale journalistische Arbeit stark beeinträchtigt, wenn nicht gar nahezu unmöglich gemacht. Kann eine unvoreingenommene Berichterstattung unter dem Druck der Regierung, die das Sicherheitskonzept rechtfertigt, überhaupt noch stattfinden?

Methode: Neubewertung der Geschichte

Eine zweite Methode der Beeinflussung der Bevölkerung ist eine propagandistische ›Überarbeitung‹ der Geschichte. Die ersten beiden Ergebnisse dieser Politik sind bereits zutage getreten. Da war die Aussage, das faschistische Konzentrationslager Auschwitz sei von der Ukraine befreit worden, und die Unterstellung, der 2. Weltkrieg sei von Moskau ausgegangen.

Für die Macher des Konzepts scheint der 2. Weltkrieg also nicht von Hitlerdeutschland ausgegangen zu sein, sondern von der damaligen Sowjetunion. Also auch von der Ukraine? Diese Geschichtskrittelei ist nichts als ein tiefer Affront gegen Russland, der in seiner Überhöhung der ukrainischen Beteiligung auch den Anteil zahlreicher anderer Nationalitäten herabwürdigt.

Die Aussage des polnischen Außenministers Grzegorz Schetyna hinsichtlich der Befreiung von Auschwitz durch die Ukraine ist wohl der Auftakt einer künftigen Serie von Unterstellungen hinsichtlich der Rolle Russlands in der Geschichte des 2. Weltkriegs. Schetyna kann sich die Hand mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk reichen, der im deutschen Fernsehen von einer Moskauer Invasion in Deutschland 1945 sprach.

Anscheinend war es dieser Russophobie nicht genug, denn es folgte die Ankündigung des Polens, nicht an der Feier anlässlich des 70. Jahrestages des Sieges über den Faschismus in Moskau teilnehmen zu wollen. Zitat: »Es ist widernatürlich, das Ende des Krieges an jenem Ort zu feiern, an dem er begann.«

Das lasse ich mal so stehen. Jedenfalls hat das Konzept nicht nur Auswirkungen auf Polen selbst, sondern auch auf die Staaten der EU. Es kann nur zu mehr Einfluss der USA in Europa führen, zu mehr Überwachung und Gesinnungsschnüffelei, zur Militarisierung und Aufrüstung - all dies unter Ausnutzung eines selbst inszenierten, fadenscheinigen Bedrohungsszenarios.

Das ›Wahrheitsministerium‹ lässt grüßen.

Anmerkung - In der Roten Armee kämpften Menschen aus rund 100 Ethnien der damaligen Sowjetunion gemeinsam gegen den Hitlerfaschismus. Befreit wurde Auschwitz konkret von der 332. Schützendivision der 60. Armee, die in Gebieten entlang der Wolga aufgestellt wurde. Die größte ethnische Gruppe in der 60. Armee bildeten die Russen.

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