Dienstag, 24. Februar 2015

Wen wundert es?

Eigentlich liebe ich Zahlen, Diagramme und Grafiken, auch Fotos und Karten, ohne lange Erläuterungen und Kommentierungen. Ich möchte mir selbst ein Bild machen. Gleichzeitig höre ich gern zu, nehme viele Ansichten und Bemerkungen zur Kenntnis, ohne mich unbedingt selbst zu äußern. Zu vielerlei Themen habe ich ohnehin eine schrecklich realistische Sicht der Dinge. Vorgefertigte Ideologien sind mir eher fremd, ja teils suspekt, so dass ich mich keinem politischen Lager zuordnen kann.

Aber ich nehme die Ansichten anderer Leute wahr und speichere sie irgendwo im Hinterkopf ab, um sie bei Bedarf abzurufen. Eben deshalb sind die Ergebnisse der im nachstehend verlinkten WELT-Artikel besprochenen Studie für mich keine Überraschung. Angedeutet habe ich es hier mehr als nur ein Mal: Die veröffentlichte Meinung stimmt nur selten mit der öffentlichen Meinung überein - und diese wiederum nicht mit der tatsächlichen, ganz privaten Meinung.

Zum Link - Artikel DIE WELT
http://www.welt.de/politik/deutschland/article137728701/Mehrheit-vermisst-in-Deutschland-echte-Demokratie.html

Nun kann ich mir das Zustandekommen dieser Ergebnisse erklären. Es geht zwar in besagter Studie um die Akzeptanz des Linksextremismus. Ich denke, im Artikel von DIE WELT wird - ganz extrem - zu kurz gegriffen. Die Definition, was links und was rechts ist, spottet ohnehin streckenweise jeder Beschreibung. Dementsprechend sieht der ›Kampf gegen rechts‹ aus. Die meisten Menschen, die ihr Leben im tatsächlichen Kampf gegen rechts riskiert und verloren haben, würden sich angesichts mancher Initiative im Grabe umdrehen.

Doch zur Demokratie: Aus meiner bescheidenen Sicht wenden sich immer mehr Menschen von der auf Selbstverwirklichung des Einzelnen ausgerichteten Eliten-Demokratie ab. Eine gewaltige, stetig steigende Anzahl von Menschen hat keine Mittel und Möglichkeiten sich selbst zu verwirklichen. Sie fühlt sich von der etablierten Politik nicht mehr verstanden und erst recht nicht vertreten. Dies spiegelt sich auch in der Beteiligung an Wahlen wider. »Wahlen ändern nichts, sonst wären sie verboten!«, steht in meiner Umgebung an eine Autobahnbrücke gekritzelt. Und: »Macht kaputt, was euch kaputt macht.«

Über Ruhe oder Unruhe in einem Land entscheidet hauptsächlich auch die soziale Situation der Einwohner. Viele Bürger sind von sinkenden Realeinkommen bei steigendem Leistungsdruck betroffen. In der Tat wirkt sich jede Verbesserung der Lebensbedingungen eben nur rein statistisch aus. Die einzelnen Menschen profitieren davon sehr unterschiedlich. Oder negativ. Ein Prozent besitzt die Hälfte des Kapitals, drei Millionen Vollzeitbeschäftigte leben hingegen am Rand der Armutsgrenze. Eine Verbesserung der Situation ist nicht in Sicht. Trotz dem ständigen Propagieren von Vollbeschäftigung steigt der Anteil der von Armut bedrohten und betroffenen Menschen kontinuierlich an. Möglichkeiten, den unlängst eingeführten Mindestlohn zu umgehen, wurden schon vor dem Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes öffentlich besprochen. Deutschland mag ein reiches Land sein, aber es gibt arme Einwohner. Der Sozialstaat wird von einigen Ideologen als lästiges Übel betrachtet. Von den Wirtschaftsverbänden sowieso.

Dagegen redet die Politik lieber über Multireli, Multikulti, Öko und Bio, Frauenquote, Homo-Ehe, Europa, Islam, Gendergerechtigkeit, Migration, freie Drogen, freien Inzest - und von einer allgegenwärtigen, aber völlig vagen Zukunft, die nie irgendein greifbares Bild wiedergibt. Nichts, woran die Mehrheiten interessiert sind. Der ›Normalbürger‹ befürchtet insgeheim: Seine Altersrente liegt in Form von Pfandflaschen in der Mülltonne und deren Bezug endet in einer Billig-Pflegeanstalt. Da gewinnt die ›gute, alte Zeit‹ wieder an Gewicht. Man erinnert sich an die Jahre des ›Wirtschaftswunders‹ in Deutschland. Und an das Europa der Nationen.

Überhaupt sieht eine steigende Zahl von Menschen den eigenen (National-) Staat zunehmend durch den EU-Zentralismus verdrängt, zu dem die Mehrheit der Bürger keinerlei wirklichen Bezug hat. Man sieht, dass sich in Brüssel Scharen von national Abgewählten tummeln, üppige Einkünfte und Privilegien genießen und weltfremde Entscheidungen treffen. Alles ist fremd und weit weg.

Gibt es eine Verbindung zwischen Kapitalismus und Krieg? Nun ja, immerhin hat die globale Uralt- und Vorzeigedemokratie USA in ihrer knapp 239-jährigen Geschichte den einen oder anderen Krieg geführt - insgesamt mehr als 220 Jahre lang. Nun reden auch deutsche Spitzenpolitiker von mehr militärisches Engagement Deutschlands auf der Welt. Was heißt das genau? Wo liegen Deutschlands globale Interessen, die mit Waffengewalt verteidigt werden müssen? Am Ende sterben deutsche Soldaten für US-Interessen in US-Kriegen. Denn Deutschland hat keine eigene Geopolitik (in Europa hat sie nur Frankreich). Prompt bekommt der Bürger auch ein neues, altes Feindbild präsentiert: Russland.

Aus all diesen - und weiteren - Gründen ergibt sich, wenn man ehrlich ist, die Frage: Was sollen Menschen mit einer Demokratie anfangen, die ihre Ansichten, Interessen und Befindlichkeiten komplett ignoriert? In der sie nur potentielle Wähler, Konsumenten, Arbeitnehmer und Weisungsempfänger sind? In der andere Leute sogar ihr Denken bestimmen wollen? In der man sich für den Wunsch nach Mitbestimmung oder eine eigene Meinung rechtfertigen muss?

Demokratie besteht u.a. in der Anwesenheit der Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Optionen. Der allgegenwärtige Einheitsbrei wird dieser Anforderung gewiss nicht gerecht. Ich kann den Verantwortlichen nur raten, künftig mit offeneren Augen und Ohren durch die Welt zu gehen und die Sorgen und Nöte der Menschen ernst zu nehmen. Sonst fliegt ihnen früher oder später der Laden um die Ohren.

Zwei Gratis-Tipps an Herrn Mohr:

1 - Die unterschwellige Unterstellung gegenüber Russland, sich in Richtung Faschismus zu entwickeln, ist wohl eher von der eigenen linksgrünen Ideologie ausgelöst, die nun mal - wie oben beschrieben - nicht linkssozial ist. Im sozialen Bereich rüstet Russland auf, Deutschland - wie der Westen insgesamt - hingegen ab.

2 - Das Gewaltmonopol des Staates entstand durch die Verkündung des Ewigen Landfriedens anno 1495 durch Kaiser Maximilian I., nicht aber infolge der Aufklärung, von der man erst ab 1700 spricht. Die Auswirkungen waren damals zunächst der Wandel von den begrenzten lokalen Fehden kleiner Regenten zu ausufernden nationalen und überregionalen Kriegen großer Regenten, die ganze Völker gegeneinander austrugen - und noch heute austragen.

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