Dienstag, 31. Dezember 2013

ZAR - Gewalt ohne Ende

Der Islam ist auf dem Vormarsch. Weltweit. In der Zentralafrikanischen Republik eignete er sich unlängst mit Waffengewalt an, was er durch Wahlen nicht erreichen konnte. Denn dort sind die Muslime in der Minderheit. In der Zentralafrikanischen Republik leben knapp fünf Millionen Menschen. Etwa 50 Prozent sind Christen, jeweils zur Hälfte katholisch und evangelisch. Knapp 15 Prozent, vorrangig im Norden, Nordwesten und Osten lebend, gehören dem sunnitischen Islam an. Die übrigen Einwohner der einstigen französischen Kolonie finden sich in indigenen Glaubensrichtungen oder sind Atheisten.

Die jüngere Geschichte des Landes ist von Rebellionen und Bürgerkriegen geprägt. Auch von religiösen Konflikten zwischen Muslimen und Christen. Ein wichtiger Akteur ist die islamische Séléka-Miliz. Der letzte vom Volk gewählte Präsident, der Christ Francois Bozizé, wurde im März 2013 von dieser Gruppierung gestürzt. Er hatte das Land seit 2005 regiert.

Es war am 24. März 2013, als Séléka-Rebellen den Präsidentenpalast stürmten. Südafrikanische Soldaten verteidigten das Gelände neun Stunden lang unter schweren Verlusten, damit der Präsident entkommen konnte. Bozizé floh über die Demokratische Republik Kongo nach Kamerun. Zu seinem Nachfolger ernannte sich Michel Djotodia, der bisherige Verteidigungsminister und einer der Anführer der Séléka.

Die Kämpfe zwischen der Regierung und islamischen Rebellen begannen Mitte 2006 im Norden des Landes. Etwa eine Million Menschen waren von den Kämpfen betroffen, mehr als 200.000 flohen, darunter beinahe 80.000 ins Ausland. Hinzu kam erschwerend das Übergreifen der Konflikte im Tschad und im Sudan auf die Zentralafrikanische Republik, deren Truppen von der einstigen Schutzmacht Frankreich unterstützt wurden.

Nach Abschluss eines Waffenstillstandes wurden die Séléka-Rebellen an der Regierung beteiligt und besetzten fünf Ministerposten. Offiziell wurde die Miliz im September 2013 von Interimspräsident Djotodia aufgelöst und zum Teil in die regulären Streitkräfte integriert, doch sie führte ihre gewaltsamen Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung fort. Ihre Opfer waren bevorzugt Christen. Meist zerstückelte man sie mit Macheten.

Im März 2013 eskalierte die Lage völlig. Die Séléka-Miliz griff erneut zu den Waffen, ihre Minister verließen die Regierung. Die Ortschaften Bouka und Batangafo im Norden wurden eingenommen, einige Tage später die nur 70 Kilometer von der Hauptstadt Bangui entfernte Stadt Damara. Zwei Tage danach fiel auch Bangui selbst und Rebellenführer Djotodia übernahm die Macht.

Seither ist jede staatliche Ordnung zusammengebrochen. Etwa 650 französische Soldaten sichern bis heute den Flughafen der Hauptstadt und die diplomatischen Einrichtungen, weiterhin befinden sich rund 2.500 Mann umfassende Truppen der Mission der Afrikanischen Union, MISCA, in der Zentralafrikanischen Republik. Diese kommen aus dem Tschad, aus Kamerun, Kongo und Gabun und sind über das ganze Land verteilt.

Immer wieder kommt es zu Übergriffen auf Zivilisten durch Séléka, hauptsächlich gegen die christliche Bevölkerungshälfte gerichtet. Zur Gegenwehr gründeten die Christen ihrerseits Milizen, so dass es nach einer langen Zeit des Erduldens nun auch zu Attacken auf die muslimische Bevölkerung kam.

Wie viele andere afrikanischen Staaten ist auch die Zentralafrikanische Republik nicht in der Lage zur eigenständigen Durchsetzung der Ordnung und zum Schutz der Zivilbevölkerung. Ein durch Putsch an die Macht gelangter Übergangspräsident wirkt sich verschärfend aus, da er nur von einer Minderheit anerkannt wird. Die Situation erfuhr Anfang Dezember 2013 einen erneuten Eskalationsschub. Bei Gefechten in der Hauptstadt Bangui verloren bis zu einhundert Menschen ihr Leben.

Am 5. Dezember genehmigte daher der UN-Sicherheitsrat einstimmig die Ausweitung des französischen Militäreinsatzes in der Zentralafrikanischen Republik. Präsident Hollande will unverzüglich bis zu 1.200 Soldaten nach Zentralafrika entsenden. Auch die MISCA plant eine Aufstockung ihrer Truppen.

Frankreichs Engagement ist nicht ganz uneigennützig. Zunehmend verliert das Land in seinen früheren Kolonien an Einfluss, den die aufstrebende Wirtschaftsmacht China erkauft. Einsätze zur Beruhigung und Stabilisierung können die Beliebtheit fördern, wie es in Mali der Fall ist. Dennoch bringt der Einsatz Probleme mit sich. Immerhin gilt es vorerst einem illegitimen Machthaber beizustehen, dessen Miliz seinen Vorgänger aus dem Amt - und aus dem Land - gejagt hat.

Die Zustände in der Zentralafrikanischen Republik zeigen auch erneut ein weiteres Konfliktfeld auf: die Bedrohung christlicher Bevölkerungsteile durch Muslime. Wie in Nigeria oder im nunmehr gespaltenen Sudan. Doch anders als in Nigeria haben die Christen in der Zentralafrikanischen Republik längst aufgehört, auf das wirksame Eingreifen ihrer Regierung zu vertrauen und greifen zur Selbsthilfe. Wer kann es ihnen verdenken?

Verständlich ist es allemal, aber auf diese Weise lässt sich der Konflikt nicht lösen. Mit warmen Worten und Beschwichtigungen jedoch ebenso wenig. Derzeit bleibt nur zu hoffen, dass Frankreichs Eingreifen maximale Wirkung entfaltet und die Gewalt ein Ende nimmt. Eines gibt mir indes zu denken. Ein Novum. In aller Regel wird eine muslimische Mehrheitsgesellschaft gegen Andersgläubige übergriffig. In der Zentralafrikanischen Republik ist der Islam eine Minderheit. Auch darüber muss nachgedacht werden.

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