Montag, 13. April 2015

Ein Jahr Krieg im Donbass

EINE RÜCKBLENDE

Der gestrige, orthodoxe Ostersonntag war zugleich der erste Jahrestag des Bürgerkrieges im Osten der Ukraine. Es waren letztlich sechs Tage im April 2014, die über Krieg und Frieden entschieden haben. Vorausgegangen war den Ereignissen in den Regionen Donezk und Lugansk der Umsturz auf dem sogenannten Euromaidan in Kiew, in dessen Ergebnis der ukrainische Präsident Janukowitsch entmachtet wurde. Verbunden war der gemäß US-Präsident Obama von den USA initiierte Machtwechsel mit teilweise tödlicher Gewaltanwendung gegen Unterstützer des legitimen Präsidenten, regierungstreue Polizisten und pro-russische Kräfte. Erst im April, also fast zwei Monate nach dem Referendum auf der Halbinsel Krim und deren Aufnahme in die Russische Föderation, griffen im Osten der Ukraine die Menschen zu den Waffen - unter dem Eindruck der bevorstehenden Konfrontation mit einem faschistischen Regime in Kiew.

Eine kurze Zusammenfassung der vorherigen Ereignisse:

- Zwischen dem 1. Dezember 2013 und dem 20. Februar 2014 verhielten sich die Menschen im Osten der Ukraine passiv gegenüber dem Staatsstreich im Land. Sie sahen zu diesem Zeitpunkt keine Bedrohung durch die neuen Machthaber.

- Als Reaktion auf die gegen die russischsprachige Bevölkerung im Osten und Südosten der Ukraine gerichteten nationalistischen Töne und die Geschehnisse auf der Krim bildeten sich zwischen dem 21. Februar und dem 28. Februar 2014 erste aktive Widerstandsgruppen.

- Der 1. März 2014 ist der Geburtstag des sogenannten Russischen Frühlings. In einer ersten Welle von Aktionen gegen die neue Kiewer Regierung wurde bis zum 5. April 2014 gewaltloser Widerstand geleistet.

- Zwischen dem 6. April und dem 12. April 2014 traten neben den unbewaffneten Widerständlern erstmals bewaffnete Selbstschutzmilizen im Donbass auf. Der gewaltfreie Widerstand wurde als wirkungslos verworfen.

- Seit dem 12. April 2014 tobt der Unabhängigkeitskrieg der beiden nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk gegen die Kiewer Regierung. Mit Valeriy Bolotov und Igor Strelkov (eigentlich Igor Girkin) versicherten sich die Widerständler zweier erfahrener Militärführer. Eine weitere wichtige Führungskraft war der Einheimische Pavel Gubarev in Donezk.

Einige folgende Ereignisse in dieser Übergangszeit:

- Nach einem Appell Valeriy Bolotovs am 5. April 2014 begann in der Ostukraine der bewaffnete Aufstand gegen die Kiewer Machthaber.

- Am 6. April 2014 wurden in Donezk die Gebietsverwaltung und in Lugansk die Zentrale des Militärgeheimdienstes SBU gestürmt. Einen Tag später wurde die SBU-Zentrale in Lugansk mit Barrikaden umgeben.

- Am 7. April 2014 wurde die Donezker Volksrepublik proklamiert. Bewaffnete nahmen das SBU-Gebäude in Donezk ein. Auf die Proklamation der Volksrepublik antwortete die Kiewer Regierung mit der sogenannten Antiterroroperation im Osten des Landes.

- In den beiden Tagen des 12. und 13. April 2014 begann der Aufstand in Slavyansk und Kramatorsk. Die Polizeistation in Kramatorsk wurde am 13. April 2014 von Kämpfern der Miliz eingenommen.

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Igor Strelkov und Valeriy Bolotov

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Milizionär und Protestierende in Slavyansk

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Sturm auf die Polizeistation Kramatorsk

Bis zu diesem Zeitpunkt folgten die Aktionen in den Regionen Lugansk und Donezk dem Muster des Umsturzes auf dem ›Euromaidan‹. Friedlicher Protest schlug in bewaffnete Aktivitäten um, zusätzlich angefeuert von der Ankündigung eines Militäreinsatzes gegen die Menschen im Donbass.

Bereits am 16. April 2014 versuchte die ukrainische 25. Luftlandebrigade, unterstützt von Kampfhubschraubern Mi-24, die Stadt Slavyansk zu besetzen. Einwohner der Stadt stemmten sich gegen die anrückenden Panzerfahrzeuge und versuchten sie mit den bloßen Händen zu stoppen. Einige der Soldaten wechselten die Seiten und nahmen ihre Technik mit zur Miliz. Am 24. April 2014 konnte die Miliz an einem Checkpoint eine nicht unerhebliche Anzahl an Waffen erbeuten. Am 2. Mai 2014 begann der Angriff der ukrainischen Truppen auf Slavyansk mit voller Härte.

Ebenfalls am 2. Mai 2014 ereignete sich die Tragödie von Odessa. Dort versammelten sich etwa 2.500 Schläger des faschistischen ›Rechten Sektors‹ und nationalistische Fußball-Ultras, die in der Mehrheit aus anderen Städten mit Bussen herbei gebracht wurden, und griffen das Zeltlager der Antimaidan-Aktivisten vor dem Gewerkschaftshaus an. Viele flüchteten ins Innere des Gebäudes. Dieses wurde mit Molotow-Cocktails in Brand gesetzt. 38 Menschen verbrannten bei lebendigen Leibe, 15 weitere erstickten und acht sprangen in den Tod. Außerhalb des Gebäudes wurden weitere Menschen getötet und verletzt. In den folgenden Tagen und Wochen wurde der Protest der pro-russischen Kräfte mit brutaler Gewalt niedergeschlagen.

Bis zum 2. Mai 2014 haben nur wenige Beteiligte mit einem Bürgerkrieg gerechnet. Noch im April konnte sich kaum jemand vorstellen, dass sich aus den Zusammenstößen mit der Geheimpolizei SBU und kleineren Schießereien an Kontrollpunkten ein richtiger Kriegszustand entwickelt. Aleksey Mozgovoy, Gründer der ersten Lugansker Miliz, war wohl eine der wenigen Ausnahmen. Doch mit dem Erscheinen von Militäreinheiten mit Panzern und Hubschraubern und nach ersten Luftschlägen gegen die aufständischen Ortschaften, mussten die kleinen Garnisonen der Milizen heftigen Angriffen standhalten, unterstützt von den Einwohnern, die sich mit bloßen Händen wehrten.

Die beiden aufständischen Gebiete konnten sich mehr oder weniger behaupten. Die kleinen Volksrepubliken bestehen nach wie vor. Ihre Kämpfer konnten den Kiewer Truppen empfindliche Niederlagen bereiten. Die vom ersten Tag an gezeigte Brutalität der neuen Regierung der Ukraine und ihrer Erfüllungsgehilfen sowie das Massaker von Odessa haben die Menschen im Donbass zu den Waffen geführt.

Fast wären die beiden aufständischen Gebiete untergegangen. Doch die Operation ›Nordwind‹ erzwang den benötigten Befreiungsschlag. Namen von Ortschaften und Stätten, wie Slavyansk und Kramatorsk, Saur-Mogila, Pervomaisk, Spartak oder Debalcevo, künden heute von der Tapferkeit und Selbstlosigkeit der Bewohner des Donbass, deren Widerstandskraft ungebrochen blieb. Der Opfermut der Menschen, der Zivilisten wie der Kämpfer, deren Schmerz und Leiden, die teuer erkauften Siege und das stille Ertragen bitterer Niederlagen sind zur Seele des lebendigen Neurussland geworden.

Weitere Rückblicke gibt es in den nächsten Tagen. Behandelt werden die Belagerung von Slavyansk und die Kesselschlacht bei Ilovaysk - beides wichtige Eck- und Wendepunkte des blutigen Bürgerkrieges im Donbass, interessant für das Gesamtverständnis.

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