Freitag, 15. Mai 2015

Der Donbass am 14. Mai

Die Situation im Donbass ist unverändert kritisch. Beschuss und Kämpfe gab es in den letzten 24 Stunden in den bereits bekannten Abschnitten: Donezk und Vororte, Shirokino, Staniza Luganskaya und entlang der Bakhmutska-Trasse.


Bereich Donezker VR

In der Nacht gab es Beschuss des Stadtrandes durch die ukrainischen Streitkräfte (VSU) mit schwerer Artillerie. Am Abend wurde auch die Siedlung Spartak am Donezker Flughafen beschossen. Weiterer Beschuss wurde aus dem Flughafenbereich, vom Volvo-Center, aus Gorlovka und Yasinovataya, Zhabichevo sowie Lozove vermeldet.

In einem Donezker Vorort fuhr das Fahrzeug eines Aufklärungs- und Sabotagetrupps der VSU auf eine Mine. Versuchte Sabotagetätigkeit wurde auch aus Debalcevo gemeldet.

Im Südabschnitt wurden die Ortschaften Shirokino bei Mariupol und Sahanka nördlich von Shirokino beschossen. Verwendet wurden Granatwerfer vom Kaliber 120 mm.

Insgesamt meldet das Verteidigungsministerium 26 Fälle der Verletzung der Waffenruhe.


Bereich Lugansker VR

Entlang der Bakhmutska-Trasse gab es vier Gefechte zwischen der VSU und der neurussischen Armee (VSN). Beschossen wurden die Region nahe Staniza Luganskaya, das Dorf Kirovsk und die dortigen Stellungen der Brigade Prizrak (Mozgovoy) und die Ortschaft Slavyanoserbsk. Sechs Sabotagetrupps der VSU konnten aus dem Frontbereich vertrieben werden.

Es wurden von der Lugansker Miliz 24 Verstöße gegen die Waffenruhe gemeldet. Mehrere Zivilisten und Milizsoldaten wurden verwundet.

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Foto: Wrack eines ukrainischen Panzers bei Enakievo


Sonstige Informationen

1 - Die ukrainische Seite berichtet, dass nach den Minsker Verhandlungen im Februar dieses Jahres 83 ukrainische Soldaten gefallen sind und mehr als 400 verwundet wurden.

2 - Der 26. humanitäre Konvoi des russischen Ministerium für Katastrophenschutz lieferte 1.100 Tonnen Hilfsgüter in den Donbass, hauptsächlich Lebensmittel, Gegenstände des täglichen Bedarfs, aber auch Baumaterial und Lehrbücher für Schüler und Studenten.

Souveräne Ukraine?

Der ukrainische Präsident Poroschenko hat seine Top-Berater ernannt. Einer von ihnen ist der als aggressiver Kriegstreiber verrufene US-Senator John McCain, ein früher Unterstützer des Euromaidan. Daneben findet sich Carl Bildt, ein früherer schwedischer Ministerpräsident und ›Chef-Einpeitscher‹ auf dem Maidan. Und dann ist da noch Miheil Saakaschvili, der in seiner georgischen Heimat, deren Staatspräsident er war, zur Fahndung ausgeschrieben wurde und in die USA geflohen war.

Mit diesem von Nicht-Ukrainern dominierten, russophoben ›Kriegsrat‹ stehen die Zeichen wohl kaum in Richtung einer friedlichen Lösung. Unterdessen sang man während einer NATO-Tagung den Song ›We Are The World‹. Genau das scheint man sich tatsächlich einzubilden ...

Kluge Entscheidung, Jungs

Die beiden jungen Männer Sergey Gapich und Aleksey Efremenko wollten aus der von den ukrainischen Streitkräften kontrollierten Ortschaft Svatovo fliehen, um sich den Reihen der Miliz anzuschließen und für die Vertreibung der ukrainischen Armee aus ihrer Heimatstadt zu kämpfen.

An einem Kontrollposten in Staniza Luganskaya wurden sie von Soldaten des Bataillons ›Schwarze Hundertschaft‹ festgenommen, das mutmaßlich dem Geheimdienst SBU untersteht. Als Agenten sollten sie die Volksmiliz ausspionieren. Allerdings stellten sie sich umgehend den Lugansker Strafverfolgungsbehörden.

Diplomatisches

Konstantin Kossatschov, der Leiter der staatlichen Agentur für Fragen der im Ausland lebenden russischen Staatsangehörigen und für internationale humanitäre Zusammenarbeit sowie Vorsitzender des Ausschusses des Föderationsrates für internationale Angelegenheiten, schließt nicht aus, dass der Donbass dem Beispiel der Krim folgen kann, sofern die Region keine weitreichende Autonomie erhalten wird.

Kossatschov erinnert an den zwischen Russland und der Ukraine vereinbarten besonderen Status der Krim als Autonome Republik im Jahr 1991, der aus seiner Sicht innerhalb der vergangenen zwanzig Jahre systematisch von Kiew eingeebnet wurde und somit die späteren Probleme provozierte. »Die gleiche Verfahrensweise kann auch im Südosten geschehen, je nach der Art des Vorgehens in Kiew«, so der Agenturleiter. Er zeigt sich zuversichtlich, dass die Kiewer Regierung dem Donbass einen besonderen Status gewähren wird.

Der Agenturleiter setzt auf die Vorschläge zur Dezentralisierung der Ukraine durch die nicht anerkannten Donezker und Lugansker Volksrepubliken im Rahmen des Abkommen von Minsk. »Sollte die Kiewer Antwort nur aus Angriffen und Blockaden bestehen, zeigt sich offen, dass die ukrainische Regierung das Abkommen sabotiert«, sagt Kossatschov weiter.

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Foto: Vier junge Damen aus Lugansk präsentieren ihre neuen Pässe

Vor einigen Tagen haben die nicht anerkannten DVR und LVR eigene Ausarbeitungen für eine Reform der ukrainischen Verfassung bezüglich der Gebiete unter der Kontrolle der Volksrepubliken vorgelegt. Das Dokument schließt Parteien und Kandidaten von den Wahlen aus, die sich für Aktionen gegen den Donbass ausgesprochen bzw. sich daran beteiligt haben. Darüber hinaus soll die Kiewer Regierung ihre militärischen Strafmaßnahmen beenden, die Wirtschaftsblockade aufheben und eine Generalamnestie für alle Teilnehmer der Handlungen im Donbass erlassen. Weitere Forderungen sind der Status der russischen Sprache als Amtssprache im Donbass, das Recht auf die Bildung eigener Selbstschutzmilizen und - besonders heikel - die Absage der gesamten Ukraine hinsichtlich der Mitgliedschaft in der NATO.

Der ukrainische Politologe Volodymyr Fesenko weist die Angebote der Volksrepubliken zurück und verweist darauf, dass die ukrainische Verfassung nicht zulasse, die Teilnahme an Wahlen zu beschränken und den ukrainischen Massenmedien die Berichterstattung über die Kommunalwahlen zu untersagen. Er denkt, dass die Verhandlungen zwischen der Kiewer Regierung und den Vertretungen von Lugansk und Donezk ohne einen akzeptablen Kompromiss zum Scheitern verurteilt sind.

Persönlich sehe ich kaum Chancen für einen für beide Seiten zufriedenstellenden Kompromiss. Weder wird Kiew die Angebote der Volksrepubliken anerkennen, noch diese die Vorschläge der ukrainischen Zentralregierung. Es wird meines Erachtens auf einen eingefrorenen Konflikt und De-facto-Systeme hinauslaufen, ähnlich wie in Transnistrien, Abchasien, Südossetien oder Zypern.

Nachtgebet

Herr des Flusses, Herr der Welt und des Universums, am Ufer des Severskiy Donez steht ein einsamer Kosak, der Dich bittet für sein Volk. Ich habe gefehlt, Gospodin, immer und immer wieder, ich bin ein Sünder vor Deinem Angesicht, und daher verfahre mit mir nach Deinem Willen. Nur für mein Volk, nur für meine Lieben, bitte ich Dich um die Gnade des Lebens, der Freiheit und der Gerechtigkeit.

Gospodin, vergib all den Lügnern, den Heuchlern, den Herzlosen, sollen sie doch Milde erfahren, doch schütze mein Volk vor der Niedertracht und der Bosheit der Gottlosen. Ich habe keine Träne mehr, die ich um Dich vergießen kann, aber eine letzte soll fallen in das Wasser des Severskiy Donez. Sie ist das einzige Opfer, das zu erbringen mir noch möglich ist. Bitte nimm es an. Oder vernichte mich mit den Meinen.

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