Samstag, 20. September 2014

Obama und die Päpste

In der Sozialenzyklika ›Caritas in veritate‹ regte im November 2009 Papst Benedikt XVI. die Schaffung einer Weltautorität als Antwort auf die globale Wirtschaftskrise an und forderte dazu auf, die Krise als Chance für ein radikales Umdenken zu nutzen. Angemahnt wurde eine Wirtschaftsordnung, die sich an ethischen Zielen und am Gemeinwohl aller Menschen ausrichtet, um eine Welt in Gerechtigkeit und Solidarität zu schaffen. Papst Franziskus drückte sich in seiner Enzyklika ›Evangelii gaudium‹ drastischer aus, sagte aber eigentlich nichts anderes als sein Amtsvorgänger.

Zu Wort meldete sich einen Tag später während des G8-Gipfels in Italien der US-Präsident Barack Obama. Allerdings mit einer sehr eigenen Interpretation. Sinngemäß zusammengefasst: die Weltautorität besteht bereits in der ›wunderbarsten Nation der Welt‹. Und es muss eine Machtausübung der Eliten geben, weil die Mehrheit der Menschen für autonome Entscheidungen betreff des Gemeinwohls eh zu blöd ist.

Die globale Krise, während der diese Episode sich ereignete, war im Wesentlichen ein Frontalangriff der weltweit führenden Finanzwirtschaftler auf einen zu starken Euro. Im weiteren Verlauf wurde der Euro zwar gerettet, aber die untere Hälfte der Bevölkerungen verschiedener Euro-Länder zahlten die Zeche durch den Anstieg der Einkommensarmut unterhalb der gehobenen Mitte. Mit großem Aufwand und politischem Willen wurde der Euro ›gerettet‹. Durch noch größere Ungerechtigkeiten und Verschärfungen der Ungleichheit zwischen den Einkommensbeziehern. Der Dollar blieb dagegen im Keller.

Erst die Geschehnisse in der Ostukraine, die von allen Seiten mit umfangreicher Propaganda und Kriegesrhetorik begleitet werden, und die zu umfangreichen Wirtschaftssanktionen gegen die Russische Föderation führten zum Umschwung. Der Dollarkurs stieg, der Euro-Wert sank. Denn die Sanktionen betreffen fast ausschließlich die EU-Länder, nicht aber die Vereinigten Staaten.

Gleichzeitig wird der ›Kalte Krieg‹ wiederbelebt und die Wiederaufrüstung der Nato-Länder gefordert. Wer der weltgrößte Rüstungsproduzent ist und somit kräftig profitieren würde, muss nicht eigens erwähnt werden. Vergessen sind angesichts des vermeintlich möglichen 3. Weltkrieges die Spannungen im transatlantischen Bündnis, die Totalausspähung der europäischen Partner durch NSA & Co., die Widerstände gegen das USA-EU-Freihandelsabkommen, das nicht nur mit Handel zu tun hat, sondern auch mit der Entdemokratisierung der Geld- und Warenflüsse und sogar mit der Angleichung der Gesundheitsversorgung. Nicht ohne Grund wird über TTIP hinter verschlossenen Türen verhandelt, als ginge es um ein Staatsgeheimnis.

Schlussfolgernd muss also festgestellt werden, dass die Anregungen und Kritiken der beiden eingangs genannten Päpste Benedikt und Franziskus komplett ins Gegenteil verkehrt wurden. Die Ethik wird weiterhin an den Börsen verhökert, das Gemeinwohl steht hinter der Buchgeldvermehrung zurück, Gerechtigkeit und Solidarität sind nach wie vor Opfer der Habgier und Verblendung.

Bei Gelegenheit mehr über Gerechtigkeit. Ein vorletzter Satz: Es geht mir nicht um USA-Bashing. Es gibt vieles an den USA, das ich wirklich richtig dolle gut finde. Die teilweise paranoide, aber immer eigennützige Außen- und Sicherheitspolitik (sie drückt sich u.a. in »Fuck the EU« aus) gehört allerdings nicht dazu.

Aber - zugegeben - ich betrachte eher den Menschen als Staaten, und so gibt es in allen Völkern, Nationen und Ländern Leute die ich mag und Leute die ich nicht mag. So liegt mein Rückzug aus den sozialen Netzwerken hauptsächlich darin begründet, dass mir diese Schwarz-Weiß-Ansichten und rund um die Uhr verbreiteten, bisweilen radikalen Ideologien dort einfach zu viel und die heiteren Unterhaltungen zu wenig wurden. Wenn man sich letztlich wegen unterschiedlicher Auffassungen sogar gegenseitig totschlagen würde, wenn es das 5. Gebot nicht gäbe, wird es dann doch zu ungemütlich.

Nichts für ungut. Ich bin eben im Grunde meines Herzens ein gemütlicher großer, dicker Bär ;-)

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