Sonntag, 1. Februar 2015

Der Kampf um Debalcevo

Da neben dem üblichen Beschuss der wichtigsten Städte Donezk, Lugansk und Gorlovka sowie weiterer Ortschaften im Donbass kaum Aktivitäten stattfinden, befasse ich mich stattdessen ein wenig ausführlicher mit der Ausnahme: dem Kampf um Debalcevo.

Der Verkehrsknotenpunkt Debalcevo ist für beide Konfliktparteien von strategischer Bedeutung. Für die ukrainischen Streitkräfte (VSU) ist er wichtig für den Beschuss des Hinterlandes der nicht anerkannten Volksrepubliken, besonders der Städte Gorlovka und Shachtersk. Die neurussische Armee (VSN) will die Kontaktlinie verkürzen, den Städten und Siedlungen mehr Schutz vor Artillerieangriffen einräumen und die Direktverbindung zwischen Gorlovka und Lugansk über Alchevsk herzustellen.

Das Kräfteverhältnis zeigt eine Überlegenheit der VSU. Im noch nicht gänzlich geschlossenen Kessel von Debalcevo befinden sich mehr als 10.000 Soldaten und Freiwillige mit zahlreichen schweren Waffen. Ihnen gegenüber stehen rund 8.000 Kämpfer der VSN, die über weniger schweres Gerät verfügen. Dennoch erlangte die VSN mit der Einnahme der Ortschaft Uglegorsk [1] einen wichtigen taktischen Vorteil.

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Aktuell konzentrieren sich die Kampfhandlungen auf Debalcevo [2] selbst. Die VSU versucht die Rückeroberung verlorener Ortsteile, während die VSN in diesem Bereich zur Defensive übergegangen ist. Vorstöße auf Uglegorsk durch die VSU sind allesamt gescheitert. Dagegen drängt die VSN im Süden die ukrainischen Kräfte in Kessel weiter zusammen.

Die Lage der VSU ist sehr kritisch. Durch die Aufsplitterung der Reserven auf mehrere Kampfschauplätze gibt es nördlich des Kessels, in und um Svetlodarsk [3], kaum Widerstand der Ukrainer. Da auch die einzige Verbindungsstraße von Svetlodarsk und Debalcevo von der VSN kontrolliert wird und im Schussbereich derer Artillerie liegt, wird innerhalb der kommenden Tage vermutlich die Nachschubanlieferung zusammenbrechen.

In Gefangenschaft geratene Ukrainer erheben schwere Vorwürfe gegen ihre Kommandeure. Sie seien aus Uglegorsk geflohen und hätten ihre Untergebenen sich selbst überlassen, heißt es. Sie hätten nicht mal Kräfte zum Bergen der Verwundeten und Toten geschickt. Der Volksvertreter und Kommandeur des pro-westlichen Bataillons ›Donbass‹, Semen Semenschenko, soll verwundet und evakuiert worden sein.

Dass die pro-russische Seite in dieser Situation keinerlei Verlangen auf Verhandlungen anhand des Standes vom September 2014 verspürt, dürfte klar sein, wenn man die Verschiebung der Kontaktlinie zu ihren Gunsten bedenkt. Der alte Stand wird aus Sicht der Vertreter der De-facto-Republiken gewiss nicht wiederhergestellt, indem man eingenommene Siedlungen wieder preisgibt. Dies wäre auch nicht im Sinne der überwiegenden Bevölkerungsmehrheit, die in den Kämpfern der VSN »ihre eigenen Leute« sehen.

Fällt der Kessel von Debalcevo, wird die VSN eine Anzahl schweres Kriegsgerät erbeuten, das an anderen Abschnitten eingesetzt werden kann. Auch wird die Frontlinie erheblich verkürzt, so dass etwa 5.000 bis 6.000 Milizionäre für weitere Offensiven zur Verfügung stünden. Ich rechne innerhalb der kommenden Woche mit einer Entscheidung.

Video Kampf um Debalcevo
VSN-Kämpfer, erkennbar an den weißen Bändern, bei Uglegorsk
https://www.youtube.com/watch?v=pSRRyM4sSQ0

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