Sonntag, 29. Januar 2017

Zur Lage im Donbass

Die Situation hat sich deutlich verschlechtert. An allen Fronten der Nordwestflanke der nicht anerkannten Donezker Volksrepublik (DVR) flauten die Kampfhandlungen während der vergangenen Ncht nicht ab. Zentrum der Kämpfe sind der Donezker Flughafen sowie die Ortschaften Yakovlevka, Mineralnoe und Spartak. Bis morgens gegen 04:00 Uhr Ortzseit feuerte ukrainische Artillerie aus Avdeevka in die Siedlungen hinein.

Durch das Feuer blieben sechs Ortschaften bislang ohne Strom. Die Filterstation, bei der kürzlich die ukrainische Armee den stellvertretenden OSZE-Missionsleiter unter Beschuss genommen hatte, ist ebenfalls ohne Energie. Teile von Donezk, besonders der Stadtbezirk Gladkovka, sind ohne Wasserversorgung. Der Kontrollposten Yasinovatskiy wurde mit Uragan-Raketen beschossen. Die Armee der DVR erlitt Verluste.

Nach Angaben des Befehlshabers der Truppen der DVR, General Basurin, wurde das Feuer auf die ukrainischen Stellungen bei Avdeevka mit Grad-Raketen erwidert. Der Vorstoß der Kiewer Truppen wurde abgewehrt.

Neulich im Garten

Im Rahmen der alljährlichen stationären Routineuntersuchung begab ich mich mit meinem Bettnachbarn in den Garten. Zum Raucherpavillon. Wir plauderten über Dies und Das, und irgendwann kam er auf die Lage im Donbass zu sprechen. Ich begann notgedrungen meine Sichtweise ausführlich zu schildern. Nach und nach gesellten sich weitere interessierte Menschen hinzu, darunter auch ein Ukrainer und ein Kosovare.

Ich hörte vielfach „Ah?“ und Oh!“, oft die Aussage: „Das wusste ich gar nicht.“ Ob ich alle Anwesenden von meiner Sicht überzeugen konnte, blieb offen. Man diskutierte nicht, man hört zu und stellte Fragen. Zumindest konnte ich Neugier erwecken - und auch Verständnis für die ihnen fremde Seite hervorrufen. Selbst vom Ukrainer und vom Kosovaren. Da war plötzlich eine nachdenkliche Stimmung entstanden.

Als das Grüppchen sich auflöste, nahm jeder seine eigenen Gedanken mit auf das Zimmer. Mein neuer Kumpel und ich blieben noch zurück und redeten über eine Welt, in der sich alle Menschen unabhängig ihrer Hautfarbe, Nationalität, Religion zusammenfinden und friedlich miteinander leben würden. Das müsste doch gehen, fand er, weil wir ja allesamt Menschen sind.

Ich fand sein Szenario zwar schön, aber widersprach. Selbst wenn alle Menschen die gleiche Hautfarbe, Nationalität und Religion hätten, würden sich neue Gruppen bilden und die bestehenden ablösen, weil wir ja allesamt Individuen sind. Unsere Interessen sind unterschiedlich, argumentierte ich, und so würden die Konflikte sich nur verlagern. Am Entstehen von Konflikten würde sich nicht einmal bei nahezu absoluter Gleichheit etwas ändern.

Denn Konflikte beruhen nicht nur auf Hautfarbe oder Religion. Der schwarze Besitzlose fühlt sich dem schwarzen Milliardär nicht näher als der weiße Besitzlose dem weißen Milliardär. Oder sollte sich gar der weiße Besitzlose dem schwarzen Milliardär verbunden fühlen? Oder umgekehrt?

Was, wo starke Minderheiten sich schwachen Mehrheiten beugen sollen? Was, wenn eine Mehrheit von 50,01 Prozent eine Minderheit von 49,99 Prozent fortwährend überstimmt? Wenn statt des Gemeinnutzes für 100 Prozent nur der Eigennutz für 51 Prozent von Belang ist? Und leben wir nicht bereits in der von mir skizzierten Welt?

Ich denke: Ja. Ich finde sogar darüber hinaus, dass längst bunte Minderheiten über ebenso bunte Mehrheiten bestimmen. Nur sind die Minderheiten im Gegensatz zu den Mehrheiten straff organisiert und entsprechend wahrnehmbar. Die Mehrheiten lassen sich zu leicht auseinander bringen und übersehen ihre gemeinsamen Interessen. Auch darüber habe ich an diesem Abend geredet. Und auch dafür erntete ich mehrheitliche Zustimmung.

Für eine kurze Abendstunde lang war ich ein Volkstribun ;-)

Die Verteidiger von Idlib

Nach dem Fall der nordsyrischen Metropole Aleppo durften auf internationale Ersuchen die Reste der geschlagenen Aufständischen in die strategisch wichtige Stadt Idlib abziehen. Unter dem Eindruck unterschiedlicher Ziele und Auffassungen der einzelnen Gruppierungen kam es dort zu einer weiteren Spaltung. Neben der kaum greifbar erscheinenden Freien Syrischen Armee (FSA) finden sich wesentlich stärkere dschihadistische und islamistische Kräfte in der Stadt. Diese haben sich nun zu zwei miteinander verfeindeten Bündnissen zusammengeschlossen. Im Einzelnen:

Haiat Tahrir al-Sham:
Jabhat Fateh al-Sham (ehem. Al-Nusra Front)
Harakat Nour al-Din Zinki
Liwa al-Haq
Jabhat Ansar al-Din
Jaish al-Sunna
Mujahidou Ashidae
Kataib al-Sahaba
Kalibat al-Rashid
Suqour al-Izz
Siriyat al-Aqsa
Kalibat Qawafel al-Shuha

Ahrar al-Sham:
Jaish al-Mujahidin
Tajamu Fastaqim Kama Umirt
Sukour al-Sham
Kataib Thuwar al-Sham
Jaish al-Islam
Shamia Front
Mujahidi Ibn Taimia
Liwa Miqdad Bin Amro

Dass es in Idlib von Terrorbanden und islamistischen Gruppen nur so wimmelt, ist dem Drängen internationaler Organisationen, westlicher Regierungen und pro-westlicher NGOs zu verdanken, die sich für den freien Abzug sämtlicher Bewaffneter in Aleppo einsetzten. Hier zeigt sich erneut das Freund-Feind-Denkmuster des politischen Westens, das letztlich die Zusammenballung von Islamisten in Idlib entschieden förderte.

Anders ausgedrückt: Auch international und regional gesuchte Terroristen durften unbehelligt aus Aleppo nach Idlib - und von dort aus auch in benachbarte Gebiete - abziehen, um an anderer Stelle weiter zu wüten. Die selbe Großzügigkeit war umgekehrt im Irakkrieg oder in Libyen natürlich nicht zu erwarten.

Mit dieser Aktion wurde zum einen der Dschihadismus gestärkt, zum anderen die Entstehung von zwei noch weniger berechenbaren Gruppierungen begünstigt. Sicher, der Konflikt kann nicht militärisch gelöst werden, sondern auf diesem Weg höchstens in einer Patt-Situation enden. Noch weniger kann der Konflikt allerdings politisch gelöst werden. Schon gar nicht wenn ein Burgfrieden der einen Seite Begünstigung verheißt - und der anderen Rache und Lustration.

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