Sonntag, 29. November 2015

Blaugelbe Geschichten

»Hervorragender Brennstoff für den Winter«, meint da Pan Yazenyuk und präsentiert seinem Boss getrockneten Mist.

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Man kann über ‹Krolik› sagen, was man will, aber er denkt schon irgendwie kreativ, innovativ und ökologisch ...

Derweil zeigt das freie Mariupol am Wahlsonntag sein bestes Gesicht und stellt für die Wählerinnen und Wähler schnelle und bequeme Transportmittel zu den Wahllokalen bereit.

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Böse Lästermäuler behaupten, dass in den von den Ukrainern gehaltenen Gebieten des Donbass eh kaum jemand wählt ...

Die Regimentstochter (2)

»Ich hatte keine Angst«, sagt stolz die neunjährige Schülerin Bogdana, als sie von der Zeit der Bombardierung ihrer Heimatstadt berichtet. »Ich habe mit anderen Leuten im Keller gesessen und gebetet. Und ich habe mich um streunende Hunde und Katzen gekümmert, ihnen Futter besorgt, obwohl es kaum etwas zu essen gab.«

Wer hier regelmäßig reinschaut und ein gutes Gedächtnis hat, kann sich vielleicht an Bogdana erinnern. Da meine eingestandene Zuneigung zu den Menschen im Donbass keine hohle Phrase ist, bemühe ich mich stets darum, die Schicksale der hier Porträtierten weiter zu verfolgen. Bogdana wurde erst vor einem Monat erwähnt, und zwar hier:

http://sirko.twoday.net/stories/die-regimentstochter/

Bereits damals wurde bekannt, dass Bogdana der neurussischen Brigade ‹Prizrak› angehört. Sie ist der medizinischen Abteilung zugeordnet und bekommt sogar 1.000 Rubel monatlichen Sold. Dafür kauft sie nach wie vor Ausstattungen für bedürftige Erstklässler an ihrer Schule: Notebooks, Bücher und Hefte, Stifte und Lineale ... »Onkel Lyosha hat mir gesagt, wir Leute in Novorossia sind redliche Menschen und helfen einander«, erklärt Bogdana. »Wir sind dazu verpflichtet, uns zu helfen.«

‹Onkel Lyosha› war der für viele Menschen weltweit zur Legende gewordene Kommandeur der neurussischen Milizbrigade ‹Prizrak›, Aleksey Mozgovoy. Bogdana begegnete ihm etwa sechs Monate vor seinem Tod während der Hochzeit eines Pärchens aus der Brigade. Mozgovoy, der sich sehr um das Wohlergehen der Kinder in seinem Abschnitt sorgte, ‹adoptierte› das Mädchen förmlich in seine Brigade. Bogdana wurde sozusagen zur Sprecherin der Kinder von Alchevsk und Umgebung. Für viele Gleichaltrige wurde sie zu einem Vorbild, für den Brigadekommandeur beinahe eine Tochter - daher auch ihr Funkname ‹Docha› (Tochter).

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Foto 1 - Bogdana mit Brigadekommandeur Mozgovoy

Doch für andere Leute in der Ukraine beging Bogdana wegen ihrer Nähe zur Miliz ein unverzeihliches Verbrechen. Sie wurde im Internet bedroht und mit üblem Hass pro-europäischer Ukrainer konfrontiert: der Galgen für ihre Eltern, ein Leben im Käfig für sie selbst, der Tod allen Kämpfern im Donbass ... die üblichen Widerwärtigkeiten der angeblichen ‹Guten›. Und nach Mozgovoys Ermordung drohte man ihr sogar an, sie zu entführen und zu töten. Daher steht sie unter dem Schutz der Kämpfer der Brigade ‹Prizrak›. Der Besuch ‹sozialer› Netzwerke sind für sie ein Tabu geworden.

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Foto 2 - Bogdana in Alchevsk

Bogdana lächelt scheu. Sie flechtet das Band des Georgskreuzes in ihr Haar und redet leise über ihre Zeit bei ‹Prizrak›. Und über den Brigadekommandeur Mozgovoy, ihren Onkel ‹Lyosha›. Jeden Sonntag bringt Bogdana frische Wildblumen zu seinem Grab. »Onkel Aleksey liebte Wildblumen«, sagt Bogdana leise. Für sie ist klar: »Es gibt keinen Tod, wir werden für immer leben.«

Den letzten Kontakt zu Mozgovoy hatte Bogdana während der Kämpfe um Debalcevo. Der Kommandeur rief sie an und scherzte. Er hatte gesagt, sie solle sich nicht um ihn sorgen. »Im Land der redlichen Menschen stirbt niemand«, versprach er ihr.

In ihrem letzten Brief an Mozgovoy fragte sie: »Warum sind Menschen so böse und dumm? Ich möchte Militärärztin werden und Leben bewahren. Auch das Leben derer, die uns töten wollen. Aber ich weiß, dass sie uns nie verzeihen werden, dass wir in einem eigenen Land leben wollen. Für sie ist es leichter uns zu töten als uns zu verstehen.«

Gottes Segen und von Herzen alles Gute wünsche ich
dem Mädchen aus dem Land der redlichen Menschen!

Stadt Donezk

im Oktyabrsky-Bezirk, gestern Nacht ...

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Putin will de Gaulle versenken!

Oder: Wenn man keine wirkliche Ahnung hat, aber trotzdem seine ideologische Kacke loswerden will!

Welcher halbwegs geistig normale Deutsche würde eine Partei wählen, die ihn und seine Familie am liebsten in ein Straflager stecken oder enthaupten möchte? Welcher Soldat würde im Wissen, ohnehin erschossen zu werden, die Waffen strecken? Wer würde seine eigene Schutzmacht zugunsten der Gewährsmacht seiner Todfeinde aus dem Land weisen? Niemand. Dennoch, von rund dreißig bis vierzig Prozent der in Syrien verbliebenen Menschen verlangt der politische Westen all das.

Sunnitische Dschihadisten, wie der Al-Qaida-Ableger Al-Nusra-Front und die Islamistische Front, werden als ‹moderate Opposition› unterstützt, weil man Syrien um keinen Preis teilen will und weil die Sunniten die Bevölkerungsmehrheit stellen. Eine angeblich pro-westliche Mehrheit darf dann im ‹freien› Syrien künftig die Minderheiten drangsalieren, verfolgen, einkerkern? Nach dieser Logik wäre im Dritten Reich also die ‹arische Mehrheit› mit ihren kranken Rassegesetzen gegenüber den ‹nicht-arischen› Minderheiten im Recht gewesen.

Mit dem Assad-Regime steht und fällt auch die Zukunft der religiösen und ethnischen Minderheiten in Syrien. Dessen muss man sich bewusst sein. Christen, Drusen, Jesiden und andere Gruppen haben seit Jahren keinen Schutz, außer durch Truppen und Milizen Assads, die Hisbollah und teilweise die Kurden. Der säkulare, politische Westen sieht sich auch nicht als Beschützer des Christentums.

Doch was Obama wohl nicht wusste: Russland schon. Es sieht sich nicht erst seit heute als Schutzmacht der Christen im Nahen und Mittleren Osten - diese Rolle beanspruchte bereits der russische Zar als Verteidiger der Orthodoxie im 19. Jahrhundert. Und nach dem Sturz Saddam Husseins und dem einsetzenden Exodus des uralten irakischen Christentums hatte Moskau geschworen, ein ähnliches Verbrechen gegen die syrischen Christen nicht zuzulassen. Washington hat die irakischen Christen nicht geschützt, ebenso wenig die afghanischen oder libyschen, und hat auch an den Assyrern keinerlei Interesse. In allen Ländern, in denen der politische Westen militärisch intervenierte, befinden sich die religiösen Minderheiten auf der Flucht oder im Untergrund.

Der Sturz Assad als vorrangiges Ziel ist rein ideologisch begründet. Nicht Assads umstrittene Persönlichkeit stört die angestrebte ‹Neue Weltordnung›, sondern dessen Abneigung gegen den politischen Westen. Nicht wegen seiner Verbrechen muss er beseitigt werden, sondern wegen seines Bündnisses mit Russland. Bereits 1949 unterstützte die CIA den damaligen syrischen Putschisten-General Husni az-Zahim. Überhaupt glauben die US-Administrationen daran, jedwede Regierung stützen zu können, die sich als unkooperativ erweist. Dies hat US-Präsident Obama in einem vor einigen Monaten veröffentlichten Interview sogar ausdrücklich eingeräumt, besonders auch hinsichtlich der Ukraine.

Doch die gebündelten Affronts gegen eine andere globale Macht, namentlich die Russische Föderation, hat die teils offensichtliche und teils verdeckte Weltordnungspolitik der US-Administration an deren Grenzen geführt. Im Osten der Ukraine organisierte sich der bewaffnete Widerstand gegen die neuen Machthaber in Kiew, in Syrien trotzt Baschar al-Assad den Versuchen seiner Entmachtung, alle Länder erleben nach ihren ‹Farb- und Blütenrevolutionen› das tägliche Chaos.

Wir erinnern uns daran, als vor dem Irak-Krieg angebliche Augenzeugen berichteten, Saddam Husseins Soldaten hätten u.a. neugeborene Kinder aus Brutkästen gerissen, auf den Boden geworfen und zu Tode getrampelt. Die Welt war schockiert, doch später erwiesen sich diese Gräueltaten als schnöde Propagandalügen - wie andere Kriegsgründe auch. Und wir erinnern uns an den Krieg gegen den Terror, dem nach jüngsten Schätzungen bis zu vier Millionen Menschen direkt oder mittelbar zum Opfer fielen - allein im Irak, in Afghanistan und in Pakistan. Heute paktiert man dagegen selbst mit dem alten Erzfeind Al-Qaida, um Assad zu vernichten. Besonders glaubwürdig ist es nicht, ständig vor einer selbst geschaffenen Gefahr zu warnen und dabei immer weiter die Grundrechte einzuschränken.

Doch kommen wir nun zum Kampf gegen das Terrorkalifat ‹Islamischer Staat›. Gegen den IS hat bislang kaum jemand effektiv bekämpft. Für keinen westlichen Staat ist das Terror-Kalifat eine die eigene Substanz gefährdende Bedrohung, und man darf nicht wirklich annehmen, dass hartgesottene Global- und Militärstrategen nicht eher darauf bedacht wären, Russland seiner Stützpunkte in Syrien zu berauben, als jesidische Frauen vor der Sklaverei zu retten. Es geht um globale Kontrolle, nicht um Gutmenschengehabe. Daher hat der Kampf gegen Assad schlicht die höhere Priorität.

Der bisherige Kampf gegen den IS erfolgt ohne jedes Konzept. Dies gilt für alle Konflikte im Nahen Osten. Einzig Russland hat für Syrien eine Strategie, die jedoch weiterhin auf Baschar al-Assad setzt. Bereits 1991 hatte der Kreml einen Militärverband mit rund 50 Flugzeugen nach Syrien entsendet, um das Regime zu unterstützen. Damit waren langfristige strategische Interessen Russlands in Syrien durchaus deutlich erkennbar geworden. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Dies missfällt natürlich dem Westen. Allerdings weiß dieser nicht, was nach Assad kommen soll. Der Möglichkeiten gibt es indes nicht viele. Falls Assad unterliegt, wird Syrien das Schicksal des Irak, Libyens und Afghanistans teilen.

Mit dem Terror in Paris hat sich die Situation erneut verändert. Frankreich sinnt nach Vergeltung und muss Erfolge nachweisen können, um innenpolitisch stabil zu bleiben (oder werden). Dazu ist das Land auf Verbündete angewiesen. Besonders auch auf Verbündete, die, anstatt im Hinterland zu agieren, ins Kampfgeschehen eingreifen und bereit sind, sich die Finger schmutzig zu machen. Geeignet wäre Russland, das seine eigene Rechnung mit dem Terror-IS zu begleichen hat, aber dazu müsste Paris eine Kröte schlucken: den zuvor dämonisierten Baschar al-Assad.

Wer sollte auch sonst die Rolle der Kräfte am Boden übernehmen? Die USA mussten unlängst zugeben, unter den ‹Rebellen› kaum mehr als 60 zuverlässige Leute gefunden zu haben. Die sogenannte ‹Opposition› besteht nun mal erwiesenermaßen hauptsächlich aus Islamisten und Dschihadisten, Söldnern aus Tschetschenien und Usbekistan, Turkmenen. Lediglich die Kurden können brauchbare Hilfe leisten. Doch würde der politische Westen ihnen im Gegenzug einen eigenen Staat geben? Gegen den Willen der Türken? Gewiss nicht.

Es sind viele Kräfte am Wirken. Aber wer kämpft nun mit Hollande? Deutschland taugt zum militärischen Mitstreiter nur sehr bedingt. Berlin musste halt irgendetwas tun, da Frankreich darauf gedrängt hat. Doch der deutsche Beitrag ist jetzt schon mehr Schein als Sein. Besonders die künftig im Brackwasser der ‹Charles de Gaulle› kreuzende Fregatte hat eigentlich nur den einzigen Sinn, der russophoben deutschen Journaille neue Möglichkeiten für idiotische Schlagzeilen zu liefern, wie: «Putin will de Gaulle versenken!»

Nichts für ungut.

Presseclub?

Eher Club der kenntnisfreien Russophoben.
Weitere Worte zwecklos.

Brüchige Waffenruhe

Ukrainische Nazis und islamistische Krimtataren sprengten Strommasten und legten die Stromversorgung der Krim lahm, wegen offener Rechnungen dreht Russland der Ukraine den Gashahn zu, die Ukraine untersagt russischen Fluglinien den Überflug über ihr Territorium - wie Deeskalation sieht all das nicht aus. Bemerkenswert: Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler (SPD), sieht den Auslöser der neuen Spannungen diesmal eindeutig allein auf der Seite Kiews.

Auch an der Kontaktlinie im Donbass vermehren sich die Anzeichen für eine brüchiger werdende Waffenruhe. Aus Donezk wird Beschuss aus Panzerabwehrwaffen, Haubitzen und Granatwerfern gemeldet, der auch das nördlich gelegene Gorlovka und Siedlungen an der Peripherie umfasst. Gestern Nacht brannte ein Haus nach Granatwerferbeschuss völlig aus. Auch auf die Infrastruktur, besonders die Gas- und Energieversorgung, werden immer wieder Attacken durchgeführt. Auch entlang der Bakhmutska-Trasse an der Lugansker Nordfront werden feindliche Aktivitäten registriert.

Die Aufmerksamkeit der Welt für das Geschehen im Donbass hat nachgelassen. Politik und Medien sind gerade #Paris, nicht #Klitschko. Unter dem Schutz des Desinteresses zeigen das System in Kiew und dessen Unterstützer erneut ihr aggressives Gesicht, das auch vor der eigenen Bevölkerung nicht innehält. Besonders rage ist dabei aktuell ein kleiner, bewaffneter Teil der Krimtataren unter der Führung eines früheren IS-Kämpfers.

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Foto 1 - Ein von Artilleriefeuer zerstörtes Haus am Donezker Stadtrand

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Foto 2 - Patrouillierende Spezialkräfte des 1. Korps der Donezker Armee

Trauerndes Lipezk

An den Zweigen der Bäume am Fliegerdenkmal in der Garnisonsstadt Lipezk bewegen sich im kalten Wind des russischen Winters aus Papier gefaltete Flugzeuge. Kinder haben sie zu Ehren von Oberstleutnant Oleg Peshkov gebastelt, der in Nordsyríen beim Abschuss seiner Maschine ums Leben kam. Seit Tagen legen vor dem Denkmal Zivilisten und Soldaten Blumen nieder. Die Trauer um einen Bürger der Stadt, einen Helden der Russischen Föderation, lässt das Leben langsamer werden und für kurze Momente sogar innehalten.

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Auch der Zorn ist groß dieser Tage. Zumal Oleg Peshkovs Leichnam noch immer nicht an seine Kameraden übergeben wurde. Und weil die Hinweise sich verdichten, dass der Oberstleutnant in einer Situation der Wehrlosigkeit von turkmenischen Kugeln förmlich zersiebt wurde. Eine Nation ist fassungslos, traurig und wütend.

Ich trauere mit ihnen, mit all den vielen Menschen in Lipezk und ganz Russland.

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