Samstag, 8. November 2014

Aufgemerkt, Gorbi spricht!

Schöner als der frühere sowjetische Präsident Michail Gorbatschov hätte ich gewiss nicht um ein wenig Verständnis für die russische Position hinsichtlich der gegenwärtigen Spannungen werben können. Denn die Aussagen in den nachfolgend verlinkten Artikeln bringen es haargenau auf den Punkt, worauf es den »großen Unbekannten« da weit im Osten des Kontinents ankommt.

Artikel 1 - FAZ
Artikel 2 - FAZ
Artikel 3 - N24

Ich für meine Wenigkeit werde mich in den kommenden zwei, drei Tagen daran begeben, Gorbi hilfreich verbal unter die Arme zu greifen und meine Gedanken niederzuschreiben, worin die zugenommene Verschlechterung des Verhältnisses Europas und besonders Deutschlands zur Russischen Föderation u.a. begründet liegt.

PS: Im Grunde genommen hat Letzteres auch mit einer Fragestellung des Bundespräsidenten zu einem völlig anderen Thema zu tun ...

Buchtipp

Um zur Abwechslung mal etwas Angenehmes zu berichten, möchte ich auf Elsa Laskas alias Barbara Wenz' Vatikankrimi

Das Farnese-Komplott

hinweisen und diesen zur Lektüre anraten. Nett wie der Sirko nun mal (ab und an) ist, gibt es zwei Rezensions-Empfehlungen gratis dazu:

Bei Clamormeus
Bei Radio Vatikan

Der Donbass: Zahlen - Fakten - Fazit

Verluste

Nach vorläufigen Angaben der UNO starben während des bisherigen Konfliktverlaufes 3.682. Weitere 8.756 Menschen wurden verwundet. Die meisten dieser Menschen sind Zivilisten, die als Ergebnis des regelmäßigen Beschusses von Wohngebieten getötet oder verletzt wurden.

Etwa zwei Millionen Einwohner des Donbass befinden sich auf der Flucht. Weit mehr als die Hälfte von ihnen sind nach Russland geflohen. Dies ist allerdings nur die offizielle Zahl jener Menschen, denen bereits ein Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde.

Infrastruktur

Einer Schätzung der Behörden wurden infolge des Beschusses durch die ukrainische Armee 4.584 Häuser zerstört. In der Donezker Volksrepublik (DVR) wurden 32 Krankenhäuser zerstört, in der Lugansker Volksrepublik (LVR) sieben Krankenhäuser. Auf dem Territorium der beiden Volksrepubliken wurden 290 Schulen zerstört oder beschädigt. Die Bewohner sind in Schwierigkeiten wegen der Ausfälle von Strom, Wärme und Gas. Während der Kämpfe wurde etwa 350 Umspannstationen beschädigt und 58 Heizkessel zerstört. Das Gebiet Lugansk war Mitte Oktober komplett stromlos.

Schwere Schäden wurden auch hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur verursacht. Über 1.000 Kilometer der öffentlichen Straßen sind beschädigt oder zerstört. Als Folge der Kämpfe kam es zur Zerstörung von dreißig Brücken. Ebenfalls beschädigt oder zerstört sind in der gesamten Region zahlreiche Viadukte und Pipelines. Die DVR und die LVR verfügen derzeit nicht über die notwendigen Kapazitäten zur Reparatur der beschädigten Infrastruktur. Es gibt gerade genug Ressourcen, um einige der wichtigsten Objekte zu reparieren.

Wirtschaft

Nach einigen Schätzungen, haben die DVR und die LVR zwischen 60 und 80 Prozent ihres wirtschaftlichen Potenzials verloren. Das Volumen der Industrieproduktion in der Region Donezk sank im September 2014 um fast 60% gegenüber dem Vorjahr, in der Region Lugansk um mehr als 80%.

Nach Angaben der UNO wurden während der Kämpfe um die 600 Betriebe zerstört. Die größten Industrieunternehmen in der Metallurgie, im Maschinenbau und in der chemischen Industrie haben die Produktion eingestellt oder die Arbeit auf ein Minimum reduziert. Aus diesem Grund verlor etwa die Hälfte der Arbeitnehmer im Donbass die Arbeitsstelle.

Mein Fazit

All dieser Tragödien und Widrigkeiten zum Trotz zeigten die Wahlen, ob sie nun rechtmäßig waren oder nicht, die Entschlossenheit der Menschen im Donbass, ihre Unabhängigkeit zu erlangen. Im krassen Gegensatz zu der kaum vorhandenen Wahlbeteiligung in den von ukrainischen Truppen kontrollierten Gebieten des Donbass, standen Hunderttausende in den Separatistengebieten für die Stimmabgabe stundenlang an. Ein junger Mann klagte scherzhaft: »Mein Nachbar ist gleich morgens zur Wahl gegangen und musste eine Stunde lang warten. Ich wollte klüger sein, ging am Nachmittag und wartete anderthalb Stunden.«

Damit ich nicht missverstanden werde: Ich bin kein Jurist und daher wenig an den Details des Völkerrechts interessiert, auch wenn ich mich einigermaßen im Bereich Humanitäres Völkerrecht (dem früheren Kriegsrecht) auskenne. Mir liegen die Menschen im Donbass am Herzen - und diesen wiederum ihre Unabhängigkeit. Angesichts des Ansturms auf die Wahllokale in den Separatistengebieten bleiben eigentlich nur zwei Möglichkeiten übrig: Entweder man lässt die Menschen im Donbass über ihre Zukunft frei entscheiden. Oder man tötet sie - im Namen des Rechts.

Eine wahre Geschichte

Ich war gerade achtzehn Jahre jung und musste zum ersten Mal im Leben Kasernenwache schieben. Der mir zugeteilte Postenbereich löste damals bei manchen Soldaten einen Kälteschauer aus. In den Nachtstunden galt der schmale Pfad zwischen einem Doppelzaun mitten durch einen dichten Wald als unheimlich. Jemand hatte sich sogar in einem Anfall von geistiger Umnachtung selbst erschossen. Nun stand ich am Startpunkt dieses Pfades und bekam vom Aufführenden, also dem Kameraden, der die Posten ablöst, ein aufmunterndes Schulterklopfen.

Als ich mit mir und der Unheimlichkeit allein war, klemmte ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen. Es herrschte zwar Rauchverbot auf Posten, aber der richtig gute Soldat ignoriert bisweilen Gebote, die er für unnütz hält, wie er sich auch um unangenehme Dienste herumdrückt. Das Sturmgewehr in Hüftanschlag, die »Kippe« im Mund, bewegte ich mich Schritt für Schritt hinein in eine tatsächlich beklemmende Finsternis. Zuerst hatte ich an einen Scherz geglaubt, den man sich mit mir, dem Neuen, gemacht hatte. Aber da war etwas Ungreifbares. Absolutes Fehlen jedweden Lichts und eine Stille, die nur von noch nie zuvor vernommenen Geräuschen gestört wurde. Wie in einem Gruselfilm. Wie im »Blair Witch Project«. Dennoch ging ich stur weiter. Sturheit ist wohl eine meiner wesentlichen Eigenschaften. Manches Mal wirkt sie wie Entschlossenheit.

Am Ende dieser Finsternis, dieser totalen Abwesenheit von Bekanntem und Vertrautem, gab es eine Alarmausfahrt. Und eine Laterne. Dort erwartete mich bereits der Nachbarposten. Er sagte: »Endlich kommt hier mal jemand an. Die meisten Leute gehen nicht soweit.« Entgegen aller Vorschriften plauderten wir eine Weile miteinander und rauchten eine Zigarette. Dann ging wieder jeder seiner Wege. Den Pfad in umgekehrter Richtung zu beschreiten, war auch nicht angenehmer. Irgendwann wurde ich abgelöst.

Gegen 03:00 oder 04:00 Uhr war ich erneut an der Reihe. Ich war erschöpft und hundemüde. Der richtig gute Soldat kann im Stehen schlafen. Auch im Gehen. Nach einer guten Stunde des Auf- und Abgehens lehnte ich mich einfach an den Maschendrahtzaun und döste vor mich hin - bis mir jemand auf die Schulter tippte! Normalerweise hätte ich mich erschrecken müssen, doch dazu war ich einfach zu müde. Ich taumelte zwei, drei Schritte nach vorn und drehte mich um.

Mitten im Wald saßen drei ältere Herren in Uniform. Reserveoffiziere, nahm ich an, die bisweilen in einem nahe gelegenen Gebäude geschult wurden. Sie saßen auf einer ausgebreiteten Decke, hatten Bier und Lebensmittel dabei und spielten Karten. Ich bekam ein Bier angeboten, reagierte aber nicht.

Denn diese Menschen gab es nicht, so real sie mir in diesem Augenblick auch erschienen. Sie waren eine durch Schlafentzug erzeugte Halluzination. Ich wusste instinktiv, dass ich in diesem geheimnisvollen Waldstück allein war. Also zuckte ich mit den Schultern und setzte meinen Weg in Richtung der Laterne am Ausfalltor fort.

Obwohl ich mir sicher war, einem Trugbild begegnet zu sein, ließ mir der Vorfall keine Ruhe. Tage später ging ich zu besagtem Ausbildungsgebäude und ließ mir Auskunft über die Belegung geben. Meine Beinahe-Gewissheit wurde bestätigt. Seit Wochen war das Gebäude nicht genutzt worden. Irgendwie beruhigend.

In dieser Zeit überkam mich jedenfalls eine Erkenntnis. Sie lautete: »Nimm nicht alles hin, was man dir sagt, selbst dann nicht, wenn du es zu sehen meinst.« Vielleicht ist diese Feststellung der Grund, weshalb ich Konflikte anders bewerte als bspw. Experten für Sicherheitspolitik. Vielleicht bin ich neutraler und habe einen anderen Blick für die Unterscheidung zwischen Realität, Annahme und Wunschdenken. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich entweder sofort eine Entscheidung treffe - oder nie, sofort eine Meinung habe - oder nie. Und ich weiß, dass Bilder trügen können. Um so tiefer dringe ich gedanklich in für mich interessante Geschehnisse ein, bis ich beinahe das Denkmuster eines Gegenübers zeitweilig übernehme.

Erfahrung und Intuition, Logik und Kreativität, besonders auch Neutralität in der Betrachtung und Analyse führen mich oft an Beurteilungen und Schlussfolgerungen heran, die anderen Menschen fremd sind und sogar missverständlich erscheinen, so dass sie Kritik oder gar Ablehnung hervorrufen. Manchmal verwerfe ich sämtliche Bewertungen von Experten - und behalte doch meistens Recht. Weil ich niemandem in seiner (politischen) Haltung folgen muss, sondern frei in meiner Diagnostik bin. Und weil ich JEDE Position hinterfrage, die nicht auf eindeutigen Beweisen beruht. Da kann der Widerstand noch so gewaltig sein.

So einfach ist das ;-)

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