Sonntag, 28. September 2014

Peinlichkeiten (2)

Dank eines Herrn Wolfgang Brosche und des Meinungsmagazins The European wissen wir nun, dass die Menschen, die am Marsch für das Leben teilnehmen, der »dumpf-unverständigen und hysterisch-furchtsamen Masse« in Horrorfilmen entsprechen und den armen kleinen Vampir abmurksen wollen. Und natürlich soll auch ein Gottesstaat geschaffen werden, in dem die Untertanen vor dem Klerus auf den Knien herumrutschen müssen.

Die gesamte Peinlichkeit HIER.

Peinlichkeiten

Im Rahmen der TV-Sendung ›Presseklub nachgefragt‹ forderte einer der anrufenden Fragesteller eine Intervention im Irak gegen die Terrorarmee ›Islamischer Staat‹. 80.000 Mann würden dafür ausreichen, befand er. Nun, abgesehen von der traurigen Tatsache, dass es kaum noch eine intakte westliche Streitmacht gibt, die eine solche Truppe zusammen bekäme, zeigt ein Blick nach Afghanistan deutlich auf, wie 300.000 Soldaten nicht zum militärischen Sieg über die rund 6.000 bis 8.000 Taliban in der Lage waren.

Überhaupt sind die Möglichkeiten für robuste Militäreinsätze personell begrenzt, während die Terrorbanden über ein schier unerschöpfliches Reservoir an Menschen verfügen. Woher sollten also die 80.000 Soldaten kommen? Aus Deutschland?

Der Zulauf zu den Terrormilizen und -gruppen ist hingegen ungebrochen. Neben der Hauptursache, eine dem islamischen Terrorismus zugrunde liegenden, religiöse Verblendung ist dies aber auch die Folge einer als zutiefst ungerecht empfundenen Welt- und Regionalordnung.

»Ach, wären doch nur alle so demokratisch wie wir«, beklagen Politiker, Journalisten, Kolumnisten und Bildungsbürger, »dann wäre alles viel besser.« Sorry, aber wer sind da einbildet, dass die meisten Angehörigen der Mehrheitsgesellschaften in anderen Kulturkreisen unser politisches Modell rundum als erstrebenswert erachten, ist schief gewickelt. Im Gegenteil. Die Übertragung auf anders sozialisierte Kulturen und Nationen ist gescheitert. Die westliche Demokratie konnte sich nirgends durchsetzen. Es fehlen die Massen von Anhängern. Die meisten Menschen wollen nicht ›westlich‹ leben.

In Libyen herrscht Chaos, in Ägypten regiert erneut ein Militärmachthaber, in Syrien will der Bürgerkrieg kein Ende finden. Es fehlt schlicht und einfach ein modernes ÖSTLICHES Gesellschaftsmodell, mit dem man sich identifizieren könnte. Mit der westlichen Demokratie werden nun mal häufig gefühlte oder tatsächliche Auswüchse der Dekadenz verbunden, wie neuerdings das Hauptproblem des Ethikrates: der straffreie Inzest. Auszubaden haben es die Minderheiten in den arabischen und anderen islamisch geprägten Ländern, die manche ›Errungenschaften‹ indes genauso wenig haben wollen, zum Beispiel den zentralistisch regierten, multireligiösen, geschlechtsneutralen und kreuzundquerpoppenden Einheitsmenschen mit Luxusproblemchen.

Die Reaktionen der deutschen Politik auf die neue Weltlage und den Terrorismus können eigentlich Heiterkeit hervorrufen, wenn die Hintergründe nicht so traurig wären. Man bekommt den Spagat zwischen ›Multikulti‹ und realistischer Einschätzung von Zusammenhängen einfach nicht hin. Die Ansicht, der Terrorismus habe nichts mit dem Islam zu tun, wird zwar gern propagiert, weil man die friedliebenden Muslime nicht verschrecken möchte, aber sie entspräche der Meinung, die Inquisition hatte nichts mit der Kirche zu tun - wobei im Christentum ein Wandel stattfand, im Islam jedoch nicht. Wir sehen uns hier modern ausgestatteten - und bewaffneten - Menschen gegenüber, die geistig im 7. Jahrhundert beheimatet sind und nur die Sprache der Gewalt und Gegengewalt verstehen. Aber wer geht hin und verpasst ihnen eine ordentliche Maulschelle?

Manche innenpolitische Ideen für den Kampf gegen IS und Co. sind hilflos, einige sogar historisch bedenklich, bspw. die vom Grünenabgeordneten Beck vorgeschlagene Kennzeichnung von Ausweispapieren. Sollen nun männliche Salafisten den Zweitvornamen ›Achmed‹ bekommen und weibliche Salafisten zusätzlich ›Gülcan‹ heißen? Nein, das ist plakativer Unsinn, wie auch das Vorgehen gegen die ›Scharia-Polizei‹ mittels Versammlungsgesetz und Uniformierungsverbot. Wenn man weiter nichts zu bieten hat, kann man sich nur lächerlich machen.

Der Kampf gegen Terrorgruppen wie IS, Al-Qaida, Al-Nusra, Al-Shabaab usw. kann nicht von einer ›Koalition der Willigen‹ mit wechselnder Zusammensetzung geführt werden, sondern ist eine gemeinsame Angelegenheit aller Staaten. Gerade gegen den IS-Terror gibt es eine breite Front, der sich auch Russland, China und der Iran nicht verschließen würden. Stattdessen schafft man mit seltsamen Allianzen, die auch Kopfabhack-Länder einbinden, eher neue Probleme - und neue Terrorgruppen.

Eine Allianz der USA, Saudi-Arabiens und Katars gibt dem Anti-Terror-Kampf einen bitteren - öligen - Beigeschmack. Man muss sich fragen, ob Länder, in denen neben dem Islam andere Religionen überhaupt keine Daseinsberechtigung haben, in denen man für den Besitz einer Bibel bestenfalls ausgepeitscht und schlimmstenfalls enthauptet wird, tatsächlich eben diese Minderheiten schützen möchten, oder ganz andere Interessen verfolgen.

»Wir tun genug gegen den IS«, sagt Außenminister Steinmeier. Ich sage: »Ja, wir zeigen der gesamten Welt unsere maroden Flugzeuge.« Wenn man in Deutschland Wort und Tat gegeneinander abwägt, sieht man mal wieder den typischen Oberlehrer mit den üblichen politischen Forderungen, die aber in keiner Weise durchgesetzt werden könnten. Denn es mangelt an allem. Nicht zuletzt auch an einer Motivation, die über das aus- und abschweifende Debattieren hinausgeht. Und auch der EU ist es nach wie vor nicht gelungen, ein gemeinsames außen- und sicherheitspolitisches Konzept zu erarbeiten - geschweige denn umzusetzen.

Der Bundespräsident plädiert für mehr deutsche Verantwortung in der Welt. Auch im militärischen Bereich. Angesichts der peinlichen Pannen der vergangenen Wochen bleibt die wichtigste Frage offen:

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